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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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Die Aussagekraft von Preisen <strong>im</strong> Ges<strong>und</strong>heitssystem ist u. a. dadurch begrenzt, dass es sich oft<br />

um administrierte bzw. auf Verbandsebene ausgehandelte Preise handelt. Die Preisermittlung<br />

wird durch unzureichende Transparenz <strong>und</strong> einen z. T. eingeschränkten Wettbewerb beeinflusst.<br />

Auch aufgr<strong>und</strong> bestehender Versicherungsverhältnisse findet eine der Preisfindung auf<br />

anderen Märkten entsprechende Nutzenbewertung von der Nachfrageseite her nicht statt. Unter<br />

diesen Voraussetzungen spiegeln die Relativpreise, die in die Berechnung direkter Krankheitskosten<br />

eingehen, nicht die tatsächlichen Opportunitätskosten des Ressourceneinsatzes wider.<br />

Die Ressourcenallokation <strong>im</strong> Ges<strong>und</strong>heitssystem folgt de facto nur sehr eingeschränkt epidemiologischen<br />

Kriterien (Budgets werden i. d. R. nicht explizit für die Diagnostik, Kuration <strong>und</strong><br />

Rehabilitation best<strong>im</strong>mter Krankheiten vereinbart), so dass die Zuordnung von Ausgaben zu<br />

Krankheiten oder Risikofaktoren nur z. T. begründbar ist. Weiterhin stellt sich bei der Zuordnung<br />

von Ausgaben die Frage, ob Hinweise auf eine Über- oder Fehlversorgung bzw. auf eine<br />

‚angebotsinduzierte Nachfrage‘ berücksichtigt werden sollten.<br />

Um die durch einzelne Risikofaktoren verursachten Kosten zu berechnen, müssen zusätzlich<br />

die Krankheitskosten den Risikofaktoren zugeordnet werden. Dazu bedarf es belastbarer Ergebnisse<br />

zur Höhe der relativen Risiken in Bezug auf die berücksichtigten Krankheiten. Bei<br />

einzelnen Risikofaktoren, vor allem dem Tabakkonsum, sind zahlreiche Krankheiten zu berücksichtigen.<br />

262. Zur Quantifizierung indirekter Krankheitskosten wird zumeist der ‚Humankapitalansatz'<br />

verwendet, um den Produktionsausfall aufgr<strong>und</strong> von Krankheit zu erfassen. Dieser Ansatz wird<br />

in der ges<strong>und</strong>heitsökonomischen Literatur z. T. sehr kritisch bewertet (vgl. Breyer, F. et al.<br />

2003). Ein wesentlicher Kritikpunkt an diesem Ansatz wie auch an dem ‚Friktionskostenansatz‘<br />

ist, dass nur auf dem Arbeitsmarkt angebotene Leistungen <strong>und</strong> entsprechende Produktionsausfälle<br />

berücksichtigt werden. Trotz der Probleme bei der Anwendung dieses oder alternativer<br />

Ansätze kann der Verzicht auf eine Berechnung der indirekten Krankheitskosten zu<br />

einer Unterschätzung der Krankheitsfolgen, der Belastung durch Risikofaktoren oder der Bedeutung<br />

präventiver Interventionen führen. Für Arbeitgeber stellen die indirekten Krankheitskosten<br />

einen Anreiz dar, in die betriebliche Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> den Arbeitsschutz zu investieren.<br />

263. Die Quantifizierung intangibler Kosten unterbleibt in Krankheitskostenstudien zumeist<br />

ganz. Dieses Vorgehen steht <strong>im</strong> Widerspruch zu der Tatsache, dass diese Kosten aus der Perspektive<br />

der Betroffenen vermutlich die entscheidende Kostenkategorie darstellen, zur Praxis<br />

ges<strong>und</strong>heitsökonomischer Evaluationen, in die subjektiv empf<strong>und</strong>ene Lebensqualitätsgewinne<br />

<strong>und</strong> -verluste eingehen, <strong>und</strong> zur ökonomischen Theorie, die i. d. R. auf individuelle Wertungen<br />

abstellt. Die Nicht-Berücksichtigung intangibler Kosten in zahlreichen Krankheitskostenstudien<br />

bedeutet, dass aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive bedeutende D<strong>im</strong>ensionen<br />

<strong>und</strong> Folgen von Krankheiten (<strong>im</strong>plizit auch von Risikofaktoren) vernachlässigt werden.<br />

Aus der Perspektive von Nutzern des Ges<strong>und</strong>heitssystems <strong>und</strong> ihren Angehörigen sind neben<br />

den intangiblen auch direkte Kosten relevant, sofern diese nicht durch ein Versicherungsverhältnis<br />

abgedeckt werden. Weiterhin sind die auf die Pflege von Angehörigen entfallende Zeit<br />

<strong>und</strong> ggf. Einkommensausfälle zu berücksichtigen. Arbeitgeber haben ein betriebswirtschaftliches<br />

Interesse an der Reduktion der indirekten Kosten (Einschränkung des Arbeitsangebotes,<br />

Produktionsausfall), die GKV <strong>und</strong> die private Krankenversicherung, die Rentenversicherung<br />

<strong>und</strong> die Unfallversicherung sowie die Pflegeversicherung an niedrigen direkten Kosten (Ressourceneinsatz<br />

für Kuration, Rehabilitation <strong>und</strong> Pflege). In eine Analyse der sozioökonomischen<br />

Bedeutung von Ges<strong>und</strong>heitsproblemen <strong>und</strong> pr<strong>im</strong>ärpräventiven Interventionen sollten alle<br />

drei Kostenkategorien eingehen (vgl. Abschnitt 4.1.1). Zur Erfassung von intangiblen Kosten<br />

können hilfsweise die folgenden Ansätze herangezogen werden.<br />

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