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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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Exkurs: Belastungen pflegender Angehöriger von Demenzkranken<br />

635. Die spezifischen Symptome der an Demenz Erkrankten machen ihre Pflege zeitintensiver<br />

<strong>und</strong> belasten pflegende Angehörige <strong>im</strong> Vergleich zu Pflegenden Nichtdemenzkranker<br />

signifikant mehr (Kruse, A. 1994; Adler, C. et al. 1996; Gräßel, E. 1998). Die Pflegenden leiden<br />

unter dem ‚Auslöschen‘ der gemeinsamen Biografie <strong>und</strong> bislang gültiger Familienregeln, sind<br />

hilflos gegenüber den Angstkrisen der Gepflegten, erleben einen Verlust an Zuneigung. Sie<br />

wissen nicht wie lange sie noch durchhalten <strong>und</strong> schämen sich bei dem Gedanken, dass nur<br />

noch der Umzug ins He<strong>im</strong> als Ausweg bleibt (Europäische Stiftung zur Verbesserung der<br />

Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen 1993). Als besonders belastende Faktoren werden <strong>im</strong>mer<br />

wieder die Angst vor dem aggressiven Verhalten des Kranken, die beständig eingeschränkte<br />

Kommunikation, die Mehrarbeit durch die wachsende Unfähigkeit des Erkrankten, alltägliche<br />

Aufgaben zu erledigen <strong>und</strong> nicht zuletzt das ständige Suchen nach Gegenständen, die von der<br />

gepflegten Person verlegt werden genannt (Vetter, P. et al. 1997). Hinzu kommen die<br />

Einschränkung der persönlich verfügbaren Zeit <strong>und</strong> Ruhestörungen in der Nacht. 75 % der<br />

pflegenden Angehörigen geben an, durch Störungen, die vom Demenzkranken ausgehen, am<br />

Schlaf gehindert zu sein, z. B. durch Unruhe des Kranken, Rufen <strong>und</strong> Schreien oder Inkontinenz<br />

(Matter, C. u. Späth, C. 1998).<br />

Diese permanente Beanspruchung der Pflegeperson kann zu physischen <strong>und</strong> psychischen Ges<strong>und</strong>heitsstörungen<br />

führen. Pflegende Angehörige von Demenzkranken bilden eine Hochrisikogruppe<br />

für Erschöpfung, Schlaf- <strong>und</strong> Appetitstörungen, Nervosität sowie für vermehrte Einnahmen<br />

von Psychopharmaka, vor allem gegen Anspannung. Körperliche Beschwerden, wie<br />

Gliederschmerzen, Herz- <strong>und</strong> Magenbeschwerden <strong>und</strong> Erschöpfung werden häufiger von Pflegenden<br />

eines Demenzkranken <strong>im</strong> Vergleich zu Personen, die nicht an Demenz Erkrankte pflegen,<br />

genannt. Es ist erwiesen, dass der durchschnittliche Beschwerdenumfang von pflegenden<br />

Angehörigen eines Demenzpatienten signifikant über den alters- <strong>und</strong> geschlechtsspezifischen<br />

Normwerten der Allgemeinbevölkerung liegt (Gräßel, E. 1998).<br />

5.9 Weiterentwicklungsansätze<br />

5.9.1 Weiterentwicklungsansätze in der Versorgung von Demenzkranken<br />

636. Die demenziellen Erkrankungen gehören aufgr<strong>und</strong> der demographischen Entwicklung<br />

zu den großen Herausforderungen der medizinischen <strong>und</strong> pflegerischen Versorgung<br />

der Zukunft. Bisher wurden das diagnostische Vorgehen dargestellt, Angaben zur<br />

Krankheitslast <strong>und</strong> zum Krankheitsverlauf gemacht sowie therapeutische Möglichkeiten<br />

aufgezeigt. Um den künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein <strong>und</strong> Menschen mit<br />

demenziellen Erkrankungen <strong>und</strong> ihren Angehörigen gerecht zu werden, ist die Weiterentwicklung<br />

der Versorgungsstrukturen unerlässlich. Der Angebotsdifferenzierung nach<br />

Stadium der Erkrankung <strong>und</strong> der Anpassung der Betreuungs- <strong>und</strong> Beratungsangebote<br />

sollte größere Bedeutung zukommen. Zur Verbesserung <strong>und</strong> effizienteren Gestaltung<br />

der Versorgung könnten u. a. strukturierte Behandlungsprogramme, bessere Aus-, Weiter-<br />

<strong>und</strong> Fortbildungsangebote für Ärzte <strong>und</strong> Pflegepersonal <strong>und</strong> die Suche nach neuen<br />

Wohnformen für Erkrankte <strong>und</strong> ihre Angehörigen beitragen.<br />

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