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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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war zuvor in einer Studie <strong>im</strong> Vergleich mit einem nicht-selektiven NSAR festgestellt worden,<br />

jedoch kam die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) zu dem Ergebnis, dass<br />

der gastrointestinale Vorteil den potenziellen kardiovaskulären Nachteil aufwiege, der in der<br />

kardioprotektiven Wirkung des Vergleichspräparates Naproxen begründet schien.<br />

Da davon ausgegangen werden kann, dass sich diese Risikoerhöhung wegen der <strong>im</strong> Prinzip<br />

gleichen Wirkungsweise auch bei anderen Coxiben (Celecoxib, Etoricoxib, Lumiracoxib, Parecoxib,<br />

Valdecoxib) manifestieren kann, haben die Europäische Kommission <strong>und</strong> die nationalen<br />

Arzne<strong>im</strong>ittelbehörden in der EU <strong>im</strong> Februar 2004 die risikobezogenen Informationen für alle<br />

Coxibe harmonisiert. Die Europäische Arzne<strong>im</strong>ittelagentur (EMEA) schränkte <strong>im</strong> März 2005<br />

aus den gleichen Gründen die Anwendung der auf dem Markt befindlichen Coxibe <strong>im</strong> Rahmen<br />

einer vorläufigen Sicherheitsmaßnahme deutlich ein. Ein umfassendes EU-Risikobewertungsverfahren<br />

zu den Coxiben wird fortgeführt (BfArM 2005). Coxibe sollen nicht mehr bei Patienten<br />

mit einer koronaren Herzkrankheit oder nach einem Schlaganfall angewendet werden. Patienten<br />

mit Risikofaktoren für das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen oder einer peripheren<br />

arteriellen Verschlusskrankheit sollen nur nach sorgfältiger <strong>und</strong> individueller Nutzen-Risiko-Abwägung<br />

mit Coxiben behandelt werden.<br />

903. Bei der Entscheidung, ob ein COX-2-Hemmer verordnet wird, muss der behandelnde Arzt<br />

eine Nutzen-Risiko-Abwägung treffen. Wenn es einen zwingenden Gr<strong>und</strong> für die Verordnung<br />

eines entzündungshemmenden Schmerzmittels gibt <strong>und</strong> andere Schmerzmittel nicht oder nicht<br />

ausreichend wirksam sind, dann muss auch das Risiko in Bezug auf Ulzera <strong>und</strong> sogar ein erhöhtes<br />

Risiko für Herzinfarkte in Kauf genommen werden. Andererseits sollten NSAR allgemein<br />

nicht zur Behandlung von nicht schwerwiegenden Erkrankungen bzw. Beschwerden (z. B.<br />

Schmerzen nach Zahnextraktion, Muskelverspannung etc.) angewandt werden, insbesondere<br />

nicht bei Patienten mit Nierenerkrankungen, Bluthochdruck, koronarer Herzkrankheit <strong>und</strong> Herzinsuffizienz.<br />

Entsprechend kritisch muss die Medikation auch bei allen Patienten geprüft<br />

werden, die bisher Rofecoxib eingenommen haben. Bei Patienten ohne Magenprobleme <strong>und</strong><br />

ohne besondere Herzkreislauf-Risiken empfiehlt sich die Umstellung auf ein herkömmliches<br />

NSAR, bei bekannter KHK gegebenenfalls die Zugabe von niedrig dosiertem ASS. Bei Patienten<br />

mit Magenproblemen <strong>und</strong> ohne KHK können weiter COX-2-Hemmer angezeigt sein, jedochist<br />

auch in diesem Fall wie bei Patienten mit Magenproblemen <strong>und</strong> KHK eventuell eine<br />

‚klassische‘ Behandlung mit NSAR in Verbindung mit Protonenpumpeninhibitoren angebracht.<br />

904. Das Beispiel der selektiven COX-2-Hemmer zeigt, dass Analogpräparate bei geringgradigen<br />

Unterschieden <strong>im</strong> pharmakologischen Wirkungsspektrum erhebliche Verschiedenheit <strong>im</strong><br />

Spektrum der Wirkungen, Nebenwirkungen <strong>und</strong> Verträglichkeit zeigen können. Man sollte<br />

daher die Entwicklung von Analogpräparaten nicht vorschnell als Imitation abwerten. Die Frage<br />

der Ursache für eine gesteigerte Thromboseneigung <strong>und</strong> anderer kardiovaskulärer Effekte durch<br />

selektive COX-2-Hemmer ist wichtig. Zur Zeit sieht es so aus, als ob das Verhältnis von COX-<br />

1-Hemmung zu COX-2-Hemmung (Selektivität) bei den verschiedenen Analogpräparaten unterschiedlich<br />

ist. Wenn ein Präparat noch relativ viel COX-1-Hemmung aufweist, löst es möglicherweise<br />

seltener thromboembolische Komplikationen aus als ein Coxib mit stärkerer COX-2-<br />

Hemmung. Es dürfte dafür aber auch die für die Einführung dieser Substanzen seinerzeit maßgeblichen<br />

Vorteile niedrigerer gastrointestinaler Toxizität nicht aufweisen. Möglicherweise<br />

kann eine Senkung des Coxibe-assoziierten Herzinfarktrisikos durch zusätzliche Gabe von<br />

100 mg Acetylsalizylsäure erreicht werden, wie von der Arzne<strong>im</strong>ittelkommission der deutschen<br />

Ärzteschaft empfohlen (Newsletter 2004-63).<br />

905. Dieses Beispiel verdeutlicht ein Dilemma des verschreibenden Arztes, vor dem er<br />

insbesondere bei neu eingeführten Wirkstoffen auf Gr<strong>und</strong> des zunächst bestehenden Informationsdefizits<br />

steht, nämlich<br />

- sich entweder dem Vorwurf auszusetzen, eine notwendige <strong>und</strong> wirksame Behandlung, die<br />

mit einem geringeren gastrointestinalen Risiko verb<strong>und</strong>en ist (evtl. nur bei Patienten mit<br />

Ulkus-Anamnese etc.), vorzuenthalten, oder<br />

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