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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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Unterversorgung<br />

932. Die Diagnose der Herzinsuffizienz gelingt durch Anamnese, körperliche Untersuchung<br />

<strong>und</strong> Ruhe-EKG nur in ca. 60 % der Fälle. Häufig werden andere diagnostische Methoden eingesetzt<br />

(Echokardiografie, Röntgen-Thorax, Herzkatheteruntersuchung). Ein neuer einfacher Weg<br />

zur Diagnose der Herzinsuffizienz ist die Best<strong>im</strong>mung des ,brain-natriuretic peptides (BNP)’,<br />

ein Protein, das in den Herzkammern gebildet wird <strong>und</strong> an der Wasser/Salz Homöostase beteiligt<br />

ist (Tang, W.H. et al. 2003). Da es sich hierbei um einen einfachen Bluttest handelt, ist die<br />

Best<strong>im</strong>mung auch in der hausärztlichen Versorgung durchführbar. Der negativ prädiktive Wert<br />

des Testes beträgt zwischen 90–95 % (Pfister, R. et al. 2004), so dass ohne größeren Aufwand<br />

die Herzinsuffizienz als Ursache der Symptome ausgeschlossen werden kann <strong>und</strong> frühzeitig andere<br />

diagnostische Pfade begangen werden können. Durch Vermeidung zusätzlicher Diagnostik<br />

werden Kosten eingespart (Maisel, A.S. et al. 2002).<br />

Die Herzinsuffizienz ist die Domäne der konservativ-medikamentösen Therapie. Erst die Kombination<br />

aus Diuretikum, Beta-Blocker, ACE-Hemmer <strong>und</strong> gegebenenfalls Aldosteron-Antagonisten<br />

bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz ermöglicht nicht nur eine adäquate Lebensqualität<br />

für viele Patienten, sondern auch eine Verbesserung der Prognose. Dennoch wird<br />

diese preiswerte Therapie vielen Patienten vorenthalten oder inadäquat dosiert. So zeigen Daten<br />

des EURO Survey, dass nur ca. 25 % der Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz leitliniengerecht<br />

mit einer Kombination aus ACE-Hemmer <strong>und</strong> Beta-Blocker therapiert werden<br />

(Cleland, J.G. et al. 2002). Auch unter Kostengesichtspunkten ist die fehlerhafte Behandlung<br />

bedauerlich: Da unter einer opt<strong>im</strong>alen Therapie die Wahrscheinlichkeit, <strong>im</strong> Krankenhaus behandelt<br />

werden zu müssen, um ca. 20 % sinkt <strong>und</strong> die Krankenhauskosten bei der Herzinsuffizienz<br />

den größten einzelnen Kostenblock darstellen, werden durch die inadäquate Therapie hohe, vermeidbare<br />

Kosten verursacht. Die Wahrscheinlichkeit, einen herzinsuffizienten Patienten in ein<br />

Krankenhaus aufnehmen zu müssen, kann auch durch weitere einfache Maßnahmen reduziert<br />

werden: durch einen krankenpflegegestützten Besuchs- oder Telefondienst. Aufgabe dieses<br />

Dienstes ist es, den Patienten in seiner Eigenverantwortlichkeit für seine Ges<strong>und</strong>heit zu stärken.<br />

Die Pflegekraft erinnert an die regelmäßige Medikamenteneinnahme, an das tägliche Wiegen<br />

<strong>und</strong> adjustiert gegebenenfalls die Diuretikadosis. Diese einfachen Maßnahmen reduzieren die<br />

Zahl der Krankenhausaufnahmen, verbessern die Lebensqualität <strong>und</strong> tendenziell auch die<br />

Prognose, ohne die Kosten zu erhöhen (Philipps, C.O. et al. 2004). Dem flächendeckenden<br />

Einsatz eines solchen Dienstes stehen die sektorale Abschottung der Finanzierungssysteme <strong>und</strong><br />

Akzeptanzprobleme auf Seiten der Ärzteschaft entgegen.<br />

Ungefähr 10 % der Patienten bleiben trotz opt<strong>im</strong>aler medikamentöser Therapie weiter symptomatisch.<br />

Bei einem Teil der Patienten wird daher die Herztransplantation als ,ult<strong>im</strong>a ratio’ erfolgreich<br />

durchgeführt. Seit Jahren bestehen jedoch lange Wartelisten, da Spenderorgane fehlen.<br />

Eine verstärkte Aufklärungsarbeit bei Ärzten <strong>und</strong> Patienten zu diesem Thema ist weiterhin notwendig.<br />

Inwieweit innovative Verfahren (Xenotransplantation, Stammzelltherapie) hier hilfreich<br />

sein werden, bleibt derzeit offen. Die Behandlung der therapierefraktären Herzinsuffizienz<br />

wird seit wenigen Jahren auch mittels spezieller Herzschrittmacher durchgeführt. Diese so<br />

genannten biventrikulären Schrittmachersysteme führen zu einer Resynchronisation des<br />

asynchron arbeitenden Herzens (z. B. bei Linksschenkelblock). Diese Resynchronisation der<br />

rechts- <strong>und</strong> linksventrikulären Kontraktion führt zu einer Verbesserung der Symptomatik <strong>und</strong><br />

Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> zu einer Abnahme der Hospitalisierung (Abraham, W.T. u. Hayes, D.L.<br />

2003). Die Kombination eines solchen Schrittmachersystems mit einem <strong>im</strong>plantierbaren<br />

Defibrillator stellt den vorläufigen Höhepunkt der Elektrotherapie bei der Herzinsuffizienz dar.<br />

Die derzeitig verfügbaren Studien mit noch geringen Patientenzahlen rechtfertigen die bisherige<br />

Zurückhaltung gegenüber dieser Therapie <strong>und</strong> mahnen zu einer strengen Indikationsstellung.<br />

Fehlversorgung<br />

933. Eine Therapie mit Aldosteron-Antagonisten (z. B. Spironolacton) verbessert die Prognose<br />

von Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz. Der Einsatz erfolgt jedoch häufig unkritisch <strong>und</strong><br />

ohne Beachtung der Indikationen <strong>und</strong> Kontraindikationen. So wird trotz Verschlechterung der<br />

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