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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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Stellenwert der prädiktiven genetischen Diagostik in der Pr<strong>im</strong>ärprävention<br />

417. Obwohl das theoretische Potenzial einer verbesserten Kenntnis der genetischen<br />

Bedingungen von Krankheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit für das Ges<strong>und</strong>heitswesen unbestritten ist,<br />

sind der praktischen Nutzung der prädiktiven genetischen Diagnostik für die Prävention<br />

doch auf mehrfache Weise Grenzen gesetzt:<br />

− Genetisches Wissen erlaubt nur in begrenztem Maße Vorhersagen <strong>im</strong> Hinblick auf<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit (DFG 2003). Zahlreiche Krankheiten sind multifaktoriell<br />

verursacht. Den jeweiligen Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen sowie den personalen,<br />

sozialen <strong>und</strong> materiellen Ressourcen kommt eine hohe Bedeutung für die Entstehung<br />

<strong>und</strong> den Verlauf von Krankheiten zu. Insofern erscheint es zielführend, die<br />

genetische Konstitution lediglich als ein Element der Bilanz von Belastungen <strong>und</strong><br />

Ressourcen zu verstehen, die letztlich die Ges<strong>und</strong>heitschancen best<strong>im</strong>mt <strong>und</strong> die<br />

durch effektive pr<strong>im</strong>ärpräventive Interventionen beeinflusst werden kann.<br />

− Genetische Kenntnisse sind zur Zeit eher diagnose- als therapieorientiert (DFG<br />

2003). Selbst wenn genetische Tests <strong>im</strong> Zusammenhang mit anderen Einflussvariablen<br />

wie z. B. Lebensstilfaktoren Wahrscheinlichkeitsaussagen ermöglichen, werden<br />

vor allem für chronische ‚Volkskrankheiten‘ oft keine anderen als die bereits<br />

bekannten pr<strong>im</strong>ärpräventiven Interventionen zur Verfügung stehen.<br />

− Die Verwendung der genetischen Diagnostik kann nicht allein aus der Perspektive<br />

der Präventionspolitik bewertet werden. Sie berührt auch andere Aspekte der Ges<strong>und</strong>heits-<br />

<strong>und</strong> Sozialpolitik wie z. B. die ordnungspolitischen Voraussetzungen der<br />

Krankenversicherung105 <strong>und</strong> weitere Lebensbereiche <strong>und</strong> Politikfelder.<br />

105 Die Krankheits- <strong>und</strong> damit Versicherungsrisiken sind unterschiedlich zwischen der GKV <strong>und</strong> der<br />

PKV verteilt. Die PKV versichert zwar nicht durchgehend, aber der Tendenz nach Personen mit<br />

einem höheren sozioökonomischen Status <strong>und</strong> besseren Ges<strong>und</strong>heitschancen. Eine zunehmende<br />

Nutzung von Gentests durch die PKV würde über die durch den sozioökonomischen Status<br />

erklärbaren Risikodifferenzen hinaus einen weiteren Selektionsmechanismus etablieren. Aus der<br />

betriebswirtschaftlichen Rationalität privater Versicherungsunternehmen heraus wäre dessen Nutzung<br />

vor allem dann geboten, wenn sich konkurrierende Unternehmen oder individuelle Vertragsk<strong>und</strong>en<br />

durch die Nutzung entsprechender Tests relevante Vorteile zu Lasten des Versicherers verschaffen<br />

könnten. Insofern stellt sich die Frage nach dem ordnungspolitischen Rahmen vor allem<br />

der PKV - unabhängig von der Diskussion über die Finanzierung, den Versichertenkreis <strong>und</strong> das<br />

Leistungsspektrum der GKV - auch in diesem Zusammenhang.<br />

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