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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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große Studien in Deutschland <strong>und</strong> anderen europäischen Ländern gezeigt, dass Patienten<br />

den Hausarzt eher wechseln, wenn er zu viele Medikamente verschreibt, als wenn er<br />

selbst aus vermuteten Kostengründen weniger verordnet (Szecsenyi, J. 2003). Ein anderer<br />

Faktor für eine mögliche Überverordnung von Arzne<strong>im</strong>itteln ist die Angst des Arztes<br />

vor Beschwerden oder gar juristischen Schritten des Patienten (Bradley, C.P. 1992).<br />

Falsche Erwartungen an das Patientenverhalten können aber auch zur Unterversorgung<br />

führen, wenn z. B. eine vermutete Non-Compliance dazu führt, dass solchen Patienten<br />

insbesondere teure Medikamente seltener oder gar nicht verschrieben werden<br />

(Carthy, P. et al. 2000; Fischer, G.C. et al. 2000).<br />

877. Wie groß der Einfluss der sozialen Interaktion <strong>und</strong> der Ansichten, des Verständnisses<br />

<strong>und</strong> des Wissens von Arzt <strong>und</strong> Patient sowie der gegenseitigen Erwartungen auf<br />

die Verordnungsentscheidung ist, rückte erst in den letzten Jahren in den Mittelpunkt<br />

des Interesses. Die Versuche, die Verordnungsentscheidung durch regulative Anreizsysteme<br />

zu verbessern, haben nicht die erhofften nachhaltigen Auswirkungen gehabt.<br />

Dies liegt nicht zuletzt am hier verfolgten ‚top-down‘ Ansatz, gegen den sich aus Angst<br />

um die Arzt-Patient-Beziehung <strong>und</strong> vor Verlust der klinischen Entscheidungsfreiheit<br />

schnell ärztlicher Widerstand formierte. Eine Stärkung der Entscheidungskompetenz<br />

<strong>und</strong> -freiheit des Arztes unter Berücksichtigung der sozialen Einflussfaktoren auf die individuelle<br />

Arzt-Patient-Beziehung durch eine ‚bottom-up‘-Strategie birgt somit erhebliches<br />

Potenzial zur Verbesserung von <strong>Qualität</strong> <strong>und</strong> Effizienz der Verordnungsentscheidung<br />

(vgl. Watkins, C. et al. 2003).<br />

7.9 <strong>Qualität</strong>ssicherung der Verordnungsentscheidung<br />

878. Der Rat hat sich bereits mit den Themen Leitlinien, Health Technology Assessment<br />

<strong>und</strong> Evidenzbasierte Medizin auseinandergesetzt (Gutachten 2000/2001 Band II,<br />

Kapitel 2 <strong>und</strong> 3). 225 Die Ausführungen beschränken sich an dieser Stelle darauf, Beispiele<br />

aufzuzeigen, die für eine zunehmende praktische Umsetzung evidenzbasierter<br />

pharmakologischer Therapieoptionen sprechen. Zudem geht es hier darum, Gründe zu<br />

finden, warum Ärzte vielfach <strong>im</strong>mer noch ineffektiv verordnen <strong>und</strong> zwar auch dann,<br />

wenn Leitlinien vorliegen. Diesen Hemmnissen kann teilweise durch verbesserte An-<br />

225 Zur Übersicht siehe auch www.leitlinien.de; www.d<strong>im</strong>di.de/de/hta; DEGAM (1999);<br />

Hasenbein, U. et al. (2003); Perleth, M. u. Busse, R. (2004); zum Spannungsverhältnis von Leitlinien<br />

<strong>und</strong> Ökonomie siehe z. B. Beiträge in der Zeitschrift für ärztliche Fortbildung <strong>und</strong> <strong>Qualität</strong><br />

<strong>im</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen 2004, Vol. 98/3, S. 174-242.<br />

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