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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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nungsverhalten des Arztes <strong>und</strong> Compliance des Patienten haben wird. Eine Auswertung<br />

mit einer ‚intention to treat‘ Analyse bewertet das Arzne<strong>im</strong>ittel unabhängig davon, ob<br />

die Probanden das ihnen aufgr<strong>und</strong> der Randomisierung verordnete Medikament überhaupt<br />

regelgerecht einnehmen, <strong>und</strong> lässt so eine realistischere Aussage über die Effektivität<br />

von Arzne<strong>im</strong>itteln zu, wenn z. B. ausgeprägte unerwünschte Wirkungen zu häufigen<br />

Therapieabbrüchen führen (Erektionsstörungen bei Blutdrucksenkern, Blähungen<br />

be<strong>im</strong> Antidiabetikum Acarbose). Eine ‚intention to treat‘ Analyse stellt demnach eine<br />

notwendige, die ‚number needed to treat‘ Analyse (wie viele Probanden müssen statistisch<br />

behandelt werden, damit einer geheilt wird) eine hinreichende Bedingung von Effectiveness-Studien<br />

dar (vgl. Hallis, S. u. Campbell, F. 1999). Die häufig zur besseren<br />

Produktvermarktung durchgeführten ‚non inferiority‘ bzw. Äquivalenzstudien erfüllen<br />

diese Anforderungen in der Regel nicht.<br />

918. Die derzeitige gesetzliche Regelung entspricht nur rud<strong>im</strong>entär den oben dargelegten<br />

Prinzipien <strong>und</strong> Kriterien einer ,vierten Hürde’. § 35 Abs. 1a SGB V sieht auch für<br />

Arzne<strong>im</strong>ittel mit patentgeschützten Wirkstoffen die Festsetzung eines Festbetrages für<br />

eine Gruppe mit mindestens drei Arzne<strong>im</strong>itteln vor. Diese Gruppenbildung schließt<br />

nach § 35 Abs. 1 <strong>und</strong> Abs. 1a SGB V solche Arzne<strong>im</strong>ittel mit patentgeschützten Wirkstoffen<br />

aus, „die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen,<br />

bedeuten“. Die inhaltliche Konkretisierung der unbest<strong>im</strong>mten Rechtsbegriffe<br />

,therapeutische Verbesserung‘ <strong>und</strong> ,geringere Nebenwirkungen‘ obliegt dem Gemeinsamen<br />

B<strong>und</strong>esausschuss (vgl. Kaesbach, W. 2004). Der Gemeinsame B<strong>und</strong>esausschuss<br />

sieht sich derzeit mit der politischen Vorgabe konfrontiert, über die Festbetragsbildung<br />

mit patentgeschützten Arzne<strong>im</strong>itteln bzw. Analogpräparaten ca. 1 Mrd. € einzusparen<br />

(so auch der Vorsitzende dieses Gremiums in der FAZ von 21.12.2004). Diese angestrebte<br />

Einsparvorgabe entspricht in etwa dem Rückgang des 16%igen Rabatts, den die<br />

Hersteller den Krankenkassen bis Ende des Jahres 2004 gewährten <strong>und</strong> der seit<br />

1. Januar 2005 wieder bei 6 % liegt. Unabhängig von der <strong>Qualität</strong> der einzelnen, nun anstehenden<br />

Entscheidungen dieses Ausschusses besteht damit die Gefahr, dass von Beginn<br />

an fiskalische Aspekte mit in die Bildung der Festbetragsgruppen <strong>und</strong> damit <strong>im</strong>plizit<br />

auch in Bewertungen des differenziellen Nutzens sowie des Nutzen-Kosten-Verhältnisses<br />

von patentgeschützten Arzne<strong>im</strong>itteln eingehen. Diese Einsparvorgabe, die z. B.<br />

bei den Analysen von NICE in keiner Weise existiert, bildet keine geeignete Gr<strong>und</strong>lage<br />

für eine von fiskalischen Zwängen losgelöste objektivierte Beurteilung des differenziellen<br />

Nutzens von patentgeschützten Arzne<strong>im</strong>itteln.<br />

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