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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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5.7.4 Leistungen nach dem Bedarfsprinzip versus Budgetprinzip<br />

566. Während die GKV <strong>im</strong> Sinne einer Vollversicherung prinzipiell den gesamten objektivierten<br />

Behandlungsbedarf eines Patienten abdeckt, sieht die Pflegeversicherung<br />

für die Pflegebedürftigen ein festes Budget vor, das jedoch in Abhängigkeit von gewissen<br />

Merkmalen wie Schweregrad <strong>und</strong> Leistungsart variiert. Dabei erfuhr der budgetierte<br />

Leistungsumfang der Pflegeversicherung bisher keine nominelle Anpassung anhand<br />

ökonomischer Indikatoren. Diese starre Festschreibung des Leistungsumfangs trug wesentlich<br />

dazu bei, den Beitragssatz von 1,7 % stabil zu halten. Der Beitragssatz ergibt<br />

sich aus dem Gesetz als Quotient aus den gesamten Pflegeausgaben <strong>und</strong> den aggregierten<br />

beitragspflichtigen Einnahmen eines Jahres. Bei konstanten nominalen Ausgaben<br />

pro Pflegefall bleibt der Beitrag stabil, wenn die Fallzahlen bei gegebener Struktur nicht<br />

stärker als die beitragspflichtigen Einnahmen zunehmen.<br />

567. Die ökonomischen Effekte einer fixen Budgetierung der Leistungen in der SPV<br />

schlagen sich somit bei den Pflegebedürftigen <strong>und</strong>/oder den Leistungserbringern nieder.<br />

Bei einer Wachstumsschwäche der Finanzierungsbasis, einer Zunahme der Anzahl der<br />

Pflegebedürftigen sinkt bei starrer nominaler Budgetierung der Realwert der Pflegeleistung.<br />

Dieser kann aus einer Reduktion der Menge an Pflegeleistungen <strong>und</strong>/ oder<br />

einer Abnahme der Leistungsqualität bestehen. Das reale Leistungsniveau lässt sich<br />

dann nur aufrechterhalten, wenn die Pflegebedürftigen die Differenz aus ihrem Einkommen<br />

bzw. Vermögen finanzieren, oder wenn Sozialhilfe gewährt wird. Hält die starre<br />

Budgetierung über einen längeren Zeitraum bei steigenden Preisen für Pflegeleistungen<br />

an, werden viele Pflegebedürftige trotz Pflegeversicherung wieder auf Sozialhilfe<br />

angewiesen sein. Um den Realwert der Leistungen in der Pflegeversicherung aufrechtzuerhalten,<br />

muss das Budget dynamisiert werden. Aufgr<strong>und</strong> der Personalintensität der<br />

Pflegeleistungen erscheint es notwendig, dass das Dynamisierungsniveau über dem Anstieg<br />

des allgemeinen Preisniveaus für die Lebenshaltung liegt.<br />

568. Die Krankenkassen handeln entsprechend ihrem Anreizsystem rational, wenn sie<br />

alle Kosten <strong>und</strong> Leistungen, die in den Grenzbereich zwischen Krankheit <strong>und</strong> Pflegebedürftigkeit<br />

fallen, in die Pflegeversicherung verschieben. Sie können die Chance der<br />

Kostenverschiebung z. B. bei Vertragsvereinbarungen mit Anbietern nutzen, die Leistungen<br />

für beide Versorgungssegmente erbringen (vgl. IGES et al. 2001b). Bei der Verlagerung<br />

von Leistungen in die Pflegeversicherung verletzen die Kassen allerdings die<br />

Interessen der Pflegebedürftigen, denen infolge der starren Budgetierung in der Pflegeversicherung<br />

nur noch ein reduziertes Leistungsvolumen verbleibt. Eine Gewährung<br />

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