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Und über den kommenden Garten schrieb Hugo von Hofmannsthal (1906):<br />

„Es werden Gärten sein, in denen die Luft und der freigelassene Raum eine<br />

größere Rolle spielen wird als in irgendwelchen früheren Zeiten. Nichts wird ihre<br />

ganze Atmosphäre so stark bestimmen, als die überall fühlbare Angst vor<br />

Überladung, eine vibrierende, nie einschlafende Zurückhaltung und eine<br />

schrankenlose Andacht zum Einzelnen. Es wird unendlich viel freie Luft nötig<br />

sein, um diesen Trieb für das Einzelne so stark nachzuhängen, als er mächtig sein<br />

wird. .... .<br />

Die Gärtner der neuen Gärten .... werden mit Leidenschaft zunächst die<br />

einfachsten Elemente, die geometrischen Elemente der Schönheit wiedererobern.<br />

Dieser Leidenschaft wird fürs erste alles andere weichen, selbst das Bedürfnis<br />

nach Schatten“.<br />

In einem anderen Text Otto Derreth in „Die Gartenkunst“ (1929):<br />

(er wendet sich darin gegen den „kultiviert“ angelegten Garten)<br />

„Darin kann der moderne Mensch nicht wohnen. Er will in seinen Mußestunden<br />

Ruhe und Erholung haben. Er will nicht bei einem Spaziergang durch den Garten<br />

über Steine hüpfen mit der Befürchtung, bei jedem Schritt eine Pflanze zu<br />

zertreten. Er will nicht, ebenso wie die Hausfrau im schlichten Wohnraum, immer<br />

Staub wischen, d.h. Pflegearbeiten verrichten. Er verlangt einen Garten, der<br />

seinen Bedürfnissen nach Luft, Sonne und Bewegung befriedigt, seiner Freude<br />

an der Natur und nach seinen Liebhabereien Rechnung trägt“.<br />

Fast alle unsere heutigen Gartengedanken sind in der Lebensreformbewegung entstanden,<br />

bzw. wurden von ihr herausgestellt. Es ist die ganze Bewegung, die in England von Robinson<br />

/ Jekyll ausging und der in Deutschland dann Muthesius, Lichtwark, van de Velde, Laeuger,<br />

Migge aber auch Lange und Foerster folgten. Die Lebensreformbewegung war für sie die<br />

geistige Ursuppe. Das Neue im Gartenbereich war, dass sich dieser jetzt in allen seinen<br />

Ausformungen an den biologischen Bedürfnissen der Menschen, besonders denen des<br />

einzelnen Individuums orientierte. Sie war das Experimentierfeld für neue Formen der<br />

Lebensgestaltung in der Natur. Durch die Rückführung unserer Überlegungen bis auf diese<br />

Zeit lässt sich die gesamt nachfolgende Gartengestaltung bei aller Gegensätzlichkeit ihrer<br />

Ausdrucksformen wieder auf eine verbindende Grundlinie zurückführen, ihre beiden<br />

bedeutendsten Antipoden im letzten Jahrhundert in Deutschland, Mattern und Wiepking,<br />

wieder auf einen gemeinsamen geistigen Hintergrund bringen.<br />

Die Grundbefindlichkeit der Lebensreformer war das Gefühl, ein „Paradies“ verloren zu<br />

haben - und unter dem Paradies verstand man eine unverfälschte, ursprüngliche Natur mit<br />

ihrer gesundmachenden Kraft. Ihr Kampfruf „Zurück zur Natur“ bezog sich einerseits auf eine<br />

neue Einbindung des Menschen in die Natur und andererseits auf die Forderung sich selber<br />

als Natur zu sehen. Man suchte nach einem unmittelbaren Kontakt zu Luft, Sonne, Licht,<br />

Wasser und alle lebbaren Berührungsmöglichkeiten mit der Natur. Nach Meinung der<br />

Lebensreformer hatte sich der Mensch selber dem „Prozess der Zivilisation“ unterworfen und<br />

sich dabei selber domestiziert. Mit seiner Trennung von der unmittelbaren Natur wuchs in<br />

ihm ein Gefühl der Entfremdung von ihr. Sie hatte sich für ihn zu einem Objekt seiner<br />

wirtschaftlichen Interessen reduziert. Die Lebensreformer wollten über das Erleben der Natur<br />

sich selber spüren, zu ihren Quellen zurückkehren und damit zu einer inneren Harmonie<br />

finden. Sie suchten in ihr die vertraute Dimension, entdeckten über sie die Heimat (und<br />

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