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Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

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Die in einem Garten wahrgenommenen Reize beeinflussen (unabhängig davon, ob wir sie<br />

wollen oder nicht) unsere Stimmungen. Es gehört zu unserem biologischen Erbe, dass wir<br />

unsere Umwelt ständig bewerten und damit mit jeder Wahrnehmung emotional beeinflusst<br />

werden. Die Reize wecken in uns Gefühle, die dann unser Verhalten steuern. Innerhalb einer<br />

Gartenkomposition kann ich sie mit Hilfe der Linienführung, der Proportionen, der<br />

Lichtnutzung, der Düfte und der Farben steuern. Kulturvergleiche haben gezeigt, dass es beim<br />

ästhetischen Empfinden der verschiedenen Naturvölker kaum Unterschiede gibt, wohl aber<br />

bei der Überlagerung ihrer Ornamente und deren kulturspezifischer symbolischer<br />

Ausdeutung. Je höher deren formale Komplexität ist, umso größer ist bei ihnen der Zwang,<br />

visuelle Ordnungen in sie hineinzubringen. Bei den Naturvölkern erfolgt dies gestalterisch<br />

durch Reihungen und Wiederholungen, Kontraste und eine Elementfülle, wobei letztere<br />

besonders in regelmäßigen Symmetrien dargestellt wird.<br />

Besonders mit Hilfe von Pflanzen können Farb- und Formsymphonien geschaffen werden. Es<br />

gibt dafür unglaublich viel Material. Man muss nur den Mut haben, es im Sinne seiner<br />

Emotionen oder seines Ästhetikbewusstseins komponieren zu wollen. Den Durchbruch zu<br />

einer modernen Verwendung der Farben hat Gertrude Jekyll eingeleitet (die<br />

vorausgegangenen und zeitgleichen Teppichbeete erinnerten auffallend in ihren einfachen<br />

Symmetrien und ihren Farbkontrasten noch an die Gestaltungsarbeiten der Naturvölker). Auf<br />

ihren länglichen Beeten griff sie dabei gerne auf die sanften Farben aus den Cottagegärten<br />

(u.a. Rittersporn, Campanula und Phlox) und Blattschmuckstauden (besonders Bergenien und<br />

Wollziest) zurück. Es entstanden in der Folge beliebte Farbkombinationen (z.B. in rosa und<br />

gelb, violett und Purpur, Ton in Ton in weiß oder blau). Zunehmend wich man von den<br />

kontrastreichen Farbtönen zu solchen aus, die auch in der Natur harmonieren.<br />

Moderne Gärten haben oft eine graphische Linienführung (die dann durch die Pflanzung<br />

entschärft wird). Aber auch ihre Bilder arbeiten weiterhin noch mit dem klassischem Aufbau<br />

von Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund (Hintergründe, vor die sie gerne die<br />

gedanklichen Inhaltsträger eines Gartens symbolisch stellen, z.B. in Form besonderer<br />

Pflanzen oder Skulpturen).<br />

16. Die Abhängigkeiten eines Gärtners<br />

Durch jeden Garten zieht sich eine Linie zwischen Natur und Kultur, freiem Wuchs und<br />

Kontrolle. Er ist als Kulturprodukt immer an Menschen gebunden. So kann deren Tod über<br />

die allmähliche Veränderung des Gartens zu einem visuellen langwährenden Abschied<br />

werden.<br />

Für jeden Garten gibt es eine Vielzahl von Abhängigkeiten, Vorgaben, an die man gebunden<br />

ist. Die wichtigste unter ihnen ist der „Ort“. Hierzu gehören der Genius loci, das zu erfassende<br />

Apriori eines Geländes (seine Ausstrahlung) in das - wenn in ihm ein Garten geschaffen<br />

werden soll - ein Raum mit bestimmten eigenen Ansprüchen hineingestellt wird.<br />

Während ein Maler allein aus seinem Farbgefühl heraus arbeiten kann, befinden sich in einem<br />

Garten die Tönungen, Schattierungen oder Nuancen in einer ständigen Bewegung. Sie<br />

verändern sich laufend und sind immer einem anderen Licht ausgesetzt. Allein ein anderer<br />

Säuregehalt im Boden kann schon zu einem Farbumschlag führen. Zu einem Garten gehören<br />

neben „toten“ Stoffen, wie sie auch die anderen Künste kennen (z.B. Steine, die in der<br />

Architektur erst nach einem längeren Zeitraum erneuert werden müssen), auch lebende<br />

Gestaltungsstoffe. Dadurch erhalten die Arbeiten eines Gartenkünstlers neben dem Zerfall,<br />

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