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12. Der Stil<br />

Im Laufe der Geschichte hat sich der Inhalt des Stilbegriffs laufend verändert. Seit<br />

Winkelmann (1767) verstand man darunter die innere Einheit aller Schöpfungen einer<br />

Bevölkerung in einer bestimmten Zeit. Heute versteht man darunter die Summe aller<br />

Ausdrucksmerkmale bezogen auf einen bestimmten Künstler (zur Beschreibung seiner<br />

persönlichen Eigenart), eine Künstlergruppe oder einen bestimmten Zeitabschnitt.<br />

Heute gilt der Stilbegriff als geschichtsphilosophische Aussage als überholt. Er wird noch<br />

benötigt für die Analyse historischer Erzeugnisse, sei es bezogen auf die Aufgaben, die<br />

Gattungen oder die Materialien. Wir wissen inzwischen, dass er stark zeitabhängig ist und<br />

beobachten in unserer Gesellschaft statt einer Stileinheit einen Stilpluralismus.<br />

Ein Stil vertritt eine bestimmte Geisteshaltung (oft in Abhängigkeit von einem<br />

gesellschaftlichen Bewusstsein). Eine Mode hat zwar auch diese Funktion, aber nicht dessen<br />

verpflichtenden Charakter. Sie bezieht sich auf die wechselnde Gestaltung der äußeren<br />

Formen (innerhalb eines individuellen oder gruppenspezifischen Spielraums) und wird von<br />

sozialen Gruppen freiwillig akzeptiert.<br />

Um eine Arbeit nach ihren künstlerischen Kriterien analysieren zu können, bedarf es<br />

- eines großen reflektierten Wissens<br />

+ über die Absichten und Bindungen eines Künstlers (z.B. seiner<br />

Einbindung in Traditionen, neue Forschungserkenntnissen),<br />

+ über die Ansprüche der ihn tragenden Gesellschaft,<br />

+ über das zu bearbeitende Thema,<br />

+ über Erwartungen, Absichten der Auftraggeber.<br />

- einer bestimmten Distanz zur Arbeit.<br />

- einer Wahrnehmungsfähigkeit für bestimmte künstlerische Aussagen.<br />

Heute hört man oft die Forderung, sich von der Vorstellung einer Autonomie eines<br />

Kunstwerks zu lösen und sich von verbindlichen Kriterien zu trennen. Stattdessen erwartet<br />

man eine Offenheit für deren Stilvielfalt in allen ihren individuellen Erscheinungsformen. Ein<br />

Garten verlangt beide Ansätze. Zum einen ist er als Kunstwerk immer eine autonome Arbeit<br />

und zum anderen auch immer ein Ausdruck einer menschlichen Individualität. Durch seine<br />

Bindungen an einen Standort, die zu verarbeitenden Materialien, seine auf die menschlichen<br />

Bedürfnisse bezogenen Elemente und nicht zuletzt seine psychogenetischen Bindungen bleibt<br />

er immer ein konkretes, für eine Kommunikation immer verfügbares Ergebnis.<br />

Man kann den Inhalt eines Kunstwerks von seinem Wahrnehmungsbild oder vom Werk her<br />

betrachten. Man kann in der Kunst darunter jeden Wert verstehen, der über eine Form<br />

vermittelt wird. Beide, Inhalt und Form, werden über ein Material wahrgenommen. Erst<br />

darüber sind sie erfahrbar. Dabei gehört es zu den Besonderheiten der Gartenkunst, dass sie<br />

bei ihren Inhalten als einzige Kunstgattung alle menschlichen Sinne anspricht. Sie begegnen<br />

dann dem Betrachter einerseits als Objekt vor einer Ausführung und andererseits nach seiner<br />

Bearbeitung durch den Künstler. Das Problem, das dann auftritt ist, dass der Inhalt danach<br />

weitgehend geistiger Natur ist und in der Kommunikation nur noch über Interpretationen<br />

verständlich gemacht werden kann.<br />

Der Gehalt eines Kunstwerkes ist dessen Sinndimension, die geistige Erfassung eines<br />

künstlerischen Problems über eine individuelle Lösung. Es ist damit nicht nur von der<br />

gestalterischen Aussagekraft eines Künstlers abhängig, sondern auch von dessen<br />

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