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Für die Lebensreformbewegung wurde die Ästhetik deshalb zu einem zentralen Anliegen. Seit<br />

der Renaissance hatte man das spezifisch Künstlerische in der Herausarbeitung einer Idee in<br />

ihrer Vollkommenheit gesehen, letztlich an einer Linienführung, Form, Komposition. Dazu<br />

noch Kant:<br />

Der „Reiz der Farben, oder angenehmer Töne des Instruments kann hinzukommen,<br />

aber die Zeichnung in der ersten und die Komposition in dem letzten machen den<br />

eigentlichen Gegenstand des reinen Geschmackurteils aus“.<br />

Jetzt gewann die Materialästhetik eine zentrale Rolle. Da dem Material von sich aus ein<br />

geistiger Gehalt fehlt, muss er ihm bei der Betrachtung zugesprochen werden (darin liegt oft<br />

die Fragwürdigkeit mancher Kunstbetrachtung). Die Lebensreformbewegung orientierte sich<br />

dabei selbstbeschränkend an einem im Material sich befindenden „Maß“, das dann in der<br />

Interpretation jede Aussage zuließ (hier lag später einer der Ansätze für die Forderung nach<br />

„deutschen Werkstoffen“, die dann im Rahmen der Gleichschaltung der Künste dienstbar<br />

gemacht wurden) . Von sich aus schafft ein Material nur Sichtbarkeiten, eine Aura. Es schafft<br />

keine (geistigen) Bezüge. Es ist in seinem „Da-sein“ einfach nur da und löst je nach den<br />

verschiedenen Geschichten seiner Betrachter, ihren verschiedenen Seh- und<br />

Denkgewohnheiten die unterschiedlichsten ästhetischen Prozesse aus.<br />

Über den Gedanken des Gesamtkunstwerkes waren viele Architekten zur<br />

Lebensreformbewegung gestoßen (u.a. Peter Behrens, van de Velde, Schultze-Naumburg).<br />

Besonders Schultze-Naumburg glaubte dabei, dass die ästhetischen Maßstäbe eine Beziehung<br />

zu ethischen Werten besäßen. Aus dieser Haltung heraus forderte er, dass „sämtliche Zwecke“<br />

sichtbar zum Ausdruck kommen sollten. Deren Sichtbarkeit war für ihn das oberste<br />

Arbeitsgesetz und damit zugleich sein höchstes ästhetisches Ziel. In seinem Saalecker Betrieb<br />

(Thüringen) hatte er dafür die Abteilungen für Architektur, Inneneinrichtung und für die<br />

Gartengestaltung.<br />

11. Die Ethik<br />

Wir Menschen stehen in einem Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur.<br />

- Von der Natur werden die Geburt, der Stoffwechsel und der Tod bestimmt. Zur<br />

Natur gehören sein Erbgut, seine Energiezufuhr (Nahrung), seine<br />

Fortbewegung und seine Fortpflanzung. Seine ganze Existenz bewegt sich in<br />

ihrem Kreislauf. Alle seine Sinne sind auf sie bezogen. Ohne sie gibt es kein<br />

menschliches Leben. Sie ist sein biologischer Existenzbereich.<br />

- Zum anderen ist der Mensch ein Kind der Kultur in die er hineingeboren<br />

wurde, die ihn prägte und seine Wahrnehmungsfähigkeit für die Außenwelt<br />

öffnete. Von seiner jeweiligen Kultur übernahm er die Struktur seines Denkens<br />

und damit die Sicht auf „seine“ Welt. Sie ist der Ausgangsbereich für sein<br />

Sehen der Natur und damit seiner gestalterischen Herangehensweise an sie.<br />

Der einzelne Mensch steht zwischen diesen beiden Größen und ist auf beide existentiell<br />

bezogen. Dabei wissen wir über seine allgemeine Wahrnehmungswelt relativ viel, doch über<br />

seine feinstofflichen inneren Vorgänge und äußeren Bezügen (physikalischen, biologischen,<br />

sozialen) fast gar nichts. Als wissenschaftliche Erkenntnisse wechseln sie ständig in<br />

modischen Wellen. So ist uns bis heute der biologische Hintergrund unserer stofflichen<br />

Beziehung zum Sakralen noch völlig unbekannt. Dies gilt aber z.Z. noch für fast alle<br />

feinstofflichen Bezüge. Für die Gartenkunst ist dieser Bereich insofern bedeutsam, weil die<br />

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