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ersetzen zu müssen. Das Problem ist, dass unsere Wahrnehmungsfähigkeiten über unsere<br />

Evolution weitgehend festgelegt sind und nur in einem schmalen Korridor dann noch<br />

zusätzlich sozial ausgerichtet werden können. Nur in diesem begrenzten Bereich kann es<br />

„überholte Wahrnehmungen“ geben - unter der Voraussetzung, dass diese allein sozial<br />

geprägt worden sind und nicht die vorgegebenen biologischen Wahrnehmungsmöglichkeiten<br />

aufgriffen.<br />

Nach Plato (in „Der Staat“) muss die Kunst die Natur imitieren. Der einzelne Künstler ist<br />

dabei aufgrund seiner Fähigkeiten der Vermittler zur jeweiligen Kultur (Gesellschaft). Er<br />

unterscheidet zwischen einer sinnlichen (der negativen, die nur dem Schein folgt) und einer<br />

positiven Nachahmung, die eine Idee zum Ausdruck bringt (und dabei in der Befreiung vom<br />

Sinnlichen teilhat). Letztere Nachahmung vermag zu einem Sehen, Erreichen des Schönen<br />

und Gerechten zum führen.<br />

Die Grundlagen unseres europäischen Denkens basieren auf der Sehnsucht nach Harmonie,<br />

als deren Ausdruck in der Kunst die Ästhetik gesehen wird und die Mathematisierung der<br />

Umwelt. Die Schönheit war früher kein Selbstzweck, sondern diente der<br />

- Beeindruckung eines Geschlechtspartners,<br />

- Zufriedenstellung der Götter,<br />

- Demonstration eines sozialen Status.<br />

Im Laufe der Geschichte galten als ästhetischer Wert das<br />

- Schöne (frühe Antike): Es stellte dem Natürlich-Rohen die Form gegenüber.<br />

- Erhabenen (Spätantike): Es verwandelte die Übermacht der Natur in ein Objekt<br />

der Ehrfurcht.<br />

- Groteske (Renaissance): Es sieht im Natürlich-Rohen das Schöne.<br />

(Alle drei Werte verhalten sich der Natur distanziert gegenüber).<br />

- Pittoreske (18. Jh.): Es nimmt sich die Natur zum Vorbild.<br />

(Heute wird das Pittoreske mit Kitsch gleichgesetzt.<br />

Es wird intellektuell ausgegrenzt und mit negativen<br />

Eigenschaften wie „Sentimentalität“, „Realitäts-<br />

flucht“ oder „Verspieltheit“ belegt).<br />

Kant trennte dann das „Schöne“ vom „Erhabenen“. Dadurch konnte das Schöne über die<br />

Urteilskraft und das Erhabene über den sinnlichen Eindruck erfasst werden. Kant ermöglichte<br />

damit die Erfassung des Schönen durch das Denken.<br />

Man kann heute in der Kunst gegen die „Zwänge“ des Schönen arbeiten (dass man dabei<br />

ihren ureigenen psychischen Hintergrund verlässt, ist eine andere Sache). Man kann aber<br />

einen Garten nie gegen das Schöne schaffen. Er wäre in sich ein Widerspruch und stände der<br />

phylogenetischen Ausrichtung des Menschen entgegen. Ein Problem vieler „schöner“ Gärten<br />

bei uns ist allerdings, dass sie wie ein überzogen geschminktes Gesicht, oft aussagelos, ohne<br />

einen eigenen Charakter erscheinen. Ihr Gepflegtsein und sogar ihre Harmonie lassen sie<br />

eigentlich nur langweilig erscheinen.<br />

Was schön ist, dass ist sehr schwer festzulegen. Eine Schönheit ist immer positiv an eine<br />

Form gebunden und damit das Gegenteil einer Zerstörung oder Beschädigung. In unserer<br />

heutigen Gesellschaft verlieren Formen als verbindliche ideale Werte zunehmend ihre frühere<br />

verbindliche Bedeutung. Das verführt zur Lüge. Für Hans Schiller war die „Wahrhaftigkeit“<br />

noch ein unverzichtbarer Wert gewesen. Zu den Vorwürfen gegen die Schönheit gehört auch,<br />

dass über sie als Reiz sich jede Botschaft vermitteln lässt.<br />

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