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Bürgerliche Gärten in der heutigen Form gibt es erst seit dem 19. Jh.. Bis dahin diente er für<br />

die breite Bevölkerung allein zur Sicherung des täglichen Nahrungsbedarfs. Erst mit der<br />

Herausbildung eines breiten Bürgertums, der Verbreitung romantischen Gedankenguts und<br />

dem Biedermeier begann man ihn bewusst auch als einen ästhetischen Ort wahrzunehmen.<br />

Mit der Verbreitung der Gartenkunst im Bürgertum des 19. Jhs. verlor sie inhaltlich immer<br />

mehr an geistigem Gehalt. Man übernahm formale Teile aus dem Landschaftsgarten und<br />

ergänzte sie mit floralen Dekorationen (Biedermeiergarten, Teppichbeete). Da die<br />

Gartengestaltung zunehmend den persönlichen Vorlieben überlassen wurde, ging auch das<br />

künstlerische, allgemeingültige Verständnis für ihn verloren, und es verschwand die<br />

allgemeingültige kulturelle Bedeutung des Gartens. Die beruflichen Gartenkünstler<br />

versuchten zwar noch bis in die Mitte des 20. Jhs. an der Tradition ihres Selbstverständnisses<br />

als Künstler teilweise festzuhalten, doch gab es unter ihnen keine Persönlichkeit, die ihr<br />

inhaltlich einen zeitgemäßen, neuen Weg hätte aufzeigen können - obwohl in der<br />

Lebensreformbewegung dafür alle Voraussetzungen gegeben waren.<br />

Im 19. Jh. kam es zu einer weitgehenden Trennung von Arbeits- und Freizeit und zwar so,<br />

dass die Freizeit zum Gegenpol der Arbeitszeit wurde. Zur ersteren gehörte seitdem der<br />

kreative Freiraum der Menschen. Der einzelne bekam darin die Möglichkeit, sich in einem<br />

begrenzten Rahmen kreativ zu betätigen. Dem Garten kam dabei eine besondere Bedeutung<br />

zu, weil er den Familien half, zugleich zu deren Grundversorgung beizutragen und weil viele<br />

der neuen Garteneigner selber vom Lande stammten. Zugleich war der Garten ein Ort, in dem<br />

man sich mit seiner Familie, Freunden und Bekannten traf, diskutierte, dort gemeinsam feierte<br />

und spielte.<br />

Im Mittelalter lagen die Gärten der normalen Bürger noch außerhalb der Stadtmauern. Erst<br />

nach deren Fortfall konnten sich Haus und Garten zu einer Einheit vereinen. Bereits Pückler<br />

schuf den Begriff vom „Garten als erweiterter Wohnung“ in seinen „Andeutungen über<br />

Landschaftsgärtnerei“. Später wurde er besonders von Muthesius (kurz nach 1900) propagiert.<br />

Durch den Verlust seiner Bindungen an die Agrargesellschaft kam dem Garten zwar ein neuer<br />

Stellenwert zu, und die Reformbewegung hat um 1900 dafür auch die verschiedensten<br />

Angebote gemacht, doch vermochte die sich durchsetzende mobile Industriegesellschaft dafür<br />

keinen allgemeinen Gartenkonsens zu schaffen. Es gab zwar danach einige kurzlebige Moden,<br />

jedoch keinen neuen allgemein anerkannten Gartenstil mehr.<br />

Innerhalb des 20. Jhs. machte der Beruf dann eine rasante Entwicklung durch: Vom<br />

Gartenkünstler zum Gartenarchitekten und dann vom Landschaftsarchitekten zum heutigen<br />

Freiraumingenieur. Verbunden damit war eine ständige Ausweitung des Berufsbildes (bis zur<br />

Unkenntlichkeit) und seine Verlagerung vom Ästhetischen zum Technischen, zur technischen<br />

Problemlösung.<br />

Als kulturelles Phänomen beginnt die „Moderne“ in der Gartengestaltung mit der<br />

Reformbewegung. In den anderen Bereichen unserer Kultur wird in den verschiedenen<br />

Wissenschaften und Künsten der Beginn der Moderne ganz anders datiert (z.B. ihr<br />

denkgeschichtlicher um 1450 – 1600, ihr sozialgeschichtlicher in der 2. Hälfte des 19. Jhs.<br />

und ihr kunstgeschichtlicher nach Baudelaires Kunstkritik ab 1859). Mit dem Reformgarten<br />

geraten die Gesetze der bisherigen Gartenstile (formaler Garten, Landschaftsgarten) ins<br />

Wanken. Nach Nietzsche diente jetzt die Kunst den Menschen dazu, vom Leben nicht zerstört<br />

zu werden.<br />

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