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menschlichen Gemeinschaft war. Festgemacht wurde der Kult über die Wohnstätte der Götter<br />

an einem Ort. Er verband die Menschen mit ihm. Heute verbindet uns weitgehend nur noch<br />

oberflächlich die Erinnerung an den Mythos, den wir damit verbinden. Tiefer gehend ist es<br />

unser archaisches, sprachloses Wissen, das ihn dazu werden ließ. Die ersten Gärten der<br />

Menschen waren gekennzeichnet durch ihre Abgrenzungen von der Umwelt. Unser<br />

Gartenbegriff verweist noch heute darauf (vermutlich aus dem gotischen „garda“ = Garten,<br />

dem durch einen Gartenzaun von der Wildnis abgegrenzten Stück Land). Gärten sind Orte der<br />

Verankerung in der Gegenwart, der Verankerung der Befindlichkeit eines Menschen, die es<br />

über deren Ausdrucksform zu verstehen gilt.<br />

Ein Garten ist ein gestaltetes Werk voller Informationen über den Menschen, der ihn<br />

geschaffen hat. Jeder kennt Gärten, in denen ihre Besitzer versuchen, ihre Geldmittel zur<br />

Schau zu stellen, um über die Prachtentfaltung ihre soziale Stellung zum Ausdruck zu<br />

bringen. Über den privaten Menschen sagen dagegen die privaten Gartenräume sehr viel mehr<br />

aus. Am Anfang der modernen Gartenkultur war der „Giardino segreto“ (ital. „geheime<br />

Garten“) der allein für die private Nutzung gesicherte Raum. Hier konnte sich der Hausherr<br />

losgelöst von den Pflichten der Selbstdarstellung so geben, wie er war.<br />

Für die eigentliche Gartenkunst gibt es z.Z. in Deutschland keine Verbindung zwischen ihren<br />

Arbeiten und der Öffentlichkeit, d.h. keine angemessenen Kommunikationsträger (vielleicht<br />

mit Ausnahme der Zeitschrift „Eden“, deren Intentionen sich aber eher kunstgewerblich<br />

darstellen). Sie entzieht sich weitgehend dem kommerziellen Kunstmarkt. Die Tatsache, dass<br />

sie ideale Kommunikationsinhalte darstellt, macht sie noch nicht marktinteressant - und was<br />

nicht marktinteressant ist, erscheint nicht in den Medien. Man kann diesen gedanklichen<br />

Ansatz auch von der anderen Seite her aufgreifen. Den Medienvertretern, den<br />

Kunsthistorikern fehlen die nötigen Kenntnisse über die Gartenkunst. Dadurch ist sie nicht in<br />

den Medien präsent, und weil sie dort nicht auftritt, interessiert sich auch der Markt nicht für<br />

sie. Durch diese doppelte Verneinung ist sie in unserer Kultur zu keinem<br />

Kommunikationsinhalt geworden. Ein Konsument muss zu seiner Orientierung Urteile fällen<br />

können, um wählen zu können. Das Dabeisein, wie bei den Events, reicht dafür nicht aus (z.B.<br />

der pflichtgemäße documenta-Besuch mit seinem Kunstverein, um dort vor lauter Gedränge<br />

von einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit den Arbeiten befreit zu sein). Eine Kunst<br />

ohne einen breiten kommunikativen Gehalt verliert ihre soziale Bedeutung. Es gehört zu ihren<br />

wesentlichen Merkmalen Assoziationsprozesse auszulösen (über die man sich dann evtl. mit<br />

einem Gegenüber austauscht).<br />

Wesentlich für ein Kunstwerk im sozialen Bereich ist das Erregen einer Aufmerksamkeit und<br />

möglichst sein Gefallen. Es sind dies die Voraussetzungen für die sinnliche Wahrnehmung<br />

und die nachfolgende Auseinandersetzung, die dann erst ihren Wert für einen Betrachter<br />

ausmacht. Ein Kunstwerk ist wie eine Partitur, aus der dann zwar einzelne Stimmen,<br />

Schichtungen herausfallen können, aber für den Betrachter erscheint es um so reicher, je mehr<br />

er von diesen nachvollziehen, bzw. miteinander in einen Zusammenhang bringen kann. Bei<br />

dem unmittelbar real Sichtbaren ist dies relativ leicht, bei den symbolischen Inhalten schon<br />

schwerer, weil sie ein gemeinsames Zeichenverständnis voraussetzen, und bei den allein<br />

persönlichen Inhalten ist dies manchmal kaum nachvollziehbar (besonders wenn man aus<br />

einem anderen Kulturkreis kommt). Ein Kunstwerk übermittelt zwar emotionale<br />

Informationen, sie müssen aber aufgegriffen werden können. Früher hatte deren Ästhetik<br />

einen erheblichen Anteil daran, in der modernen Kunst ist deren Verständnis aber offen<br />

geworden. Ohne sozial abgesicherte Ordnungsstrukturen wurde sie für den Betrachter zu einer<br />

anregenden Plattform für seine eigenen Phantasien. Der phylogenetische<br />

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