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Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

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Gartenbesitzers. In der Kunst nutzte man dies gerne, um den Gegensatz von Arbeitswelt und<br />

höfischem Leben zu zeigen. Im Laufe der Zeit stieg das Ansehen der entwerfenden<br />

Gartenkünstler so stark, dass sie sogar geadelt wurden (in Dt. z.B. Sckell und Lenné). Sie<br />

sahen sich als Künstler und wurden als solche auch von der Gesellschaft anerkannt. Die<br />

Gartenarbeit wurde bei der bürgerlichen Bevölkerung immer beliebter, und auch der Adel<br />

begann sie zu schätzen (so erhielt z.B. Kaiser Franz I., - 1768-1835, Gegenspieler Napoleons -<br />

, sogar eine gärtnerische Ausbildung. Wegen seiner Leidenschaft für die Gartenarbeit nannte<br />

man ihn den „Blumenkaiser“). Diese Haltung kann man in England heute noch beobachten.<br />

Bei uns in Deutschland haben die ideologischen Auseinandersetzungen und Kriege diese<br />

Tradition weitgehend zerstört, und man beginnt sich erst jetzt allmählich wieder auf sie zu<br />

besinnen.<br />

Seit der Lebensreformbewegung hat man seinen eigenen Körper entdeckt und macht ihn zu<br />

einem quasireligiösen Kultobjekt. Einerseits lassen wir uns den Rhythmus unseres Lebens<br />

von unserer Zivilisation, dem Takt unserer Maschinen bestimmen und andererseits haben wir<br />

in dieser Situation kaum Zeit für uns selber. Das zunächst so banale, die Muße, der einfache<br />

Genuss oder die einfache Lebensfreude werden zu einem seltenen, kostbaren Gut. Aber man<br />

muss die Zeit besitzen, sie als solche wahrzunehmen, um ihren Wert zu erkennen. In unserer<br />

Zivilisation ist sie zwar ein Ausdruck unserer sozialen Übereinkunft, aber der einzelne kann<br />

sie nicht mehr im Rahmen einer inneren Harmonie erleben. Sie ist für ihn verloren. Anders als<br />

unsere vielen augenblicklichen Körperfitnessprogramme, die neben ihrer positiven Seite uns<br />

auch helfen uns geistig nicht selbst wahrzunehmen, bzw. vor unserer inneren Leere zu fliehen,<br />

führen uns der Aufenthalt und die Arbeit im Garten ganzheitlich zu uns selber. Ein Garten ist<br />

eine Welt, in der uns die Zeit nicht überholt, sondern in der wir uns mit ihr erleben. Sein<br />

humaner Aspekt ist, dass er die Freude am Leben in jedem Alter und in jedem körperlichen<br />

Gesundheitszustand ermöglicht. Von welchem Lebensbereich kann man dies sonst noch<br />

sagen?<br />

Wenn man heute noch von der Lebensreformbewegung spricht, dann in der Regel eher<br />

negativ, als eine lose Vereinigung von skurrilen Individuen, im günstigsten Fall von den<br />

„Alternativen“ in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Wir übersehen dabei alle ihre positiven<br />

Beiträge, die für uns heute so selbstverständlich geworden sind, dass wir sie nicht einmal<br />

mehr hinterfragen. Dies gilt besonders für die Gartenkunst. Erst alle ihre Überlegungen haben<br />

die heutige Gartengestaltung zu dem gemacht, was sie heute ausmacht, bzw. im Idealfall sein<br />

könnte. Genau genommen befinden wir uns noch inmitten ihrer Gedankenwelt. Sie vertrat den<br />

Garten<br />

- als Teil eines individuellen, ästhetischen Gesamtprogramms,<br />

- als Teil eines Bewegungsprogramms (in den Urelementen Luft, Sonne und<br />

Wasser),<br />

- als Teil eines Selbstversorgungsprogramms (Dieser Gesichtspunkt wurde bei uns<br />

inzwischen weitgehend aufgegeben, doch ist seine Bedeutung auch für die Zukunft<br />

abzusehen, weil unsere Kultur es sich aus ethischen Gründen langfristig nicht<br />

leisten kann, hunderte Millionen Menschen hungern zu lassen, nur weil wir für<br />

unsere Veredlungsviehwirtschaft deren Nahrungsmittel wegkaufen, bzw. unsere<br />

Landwirte stattdessen subventionierte Ölenergie anbauen lassen).<br />

Die Lebensreformbewegung hat uns ein gewaltiges Gedankenerbe hinterlassen, das in<br />

Verbindung mit den Ergebnissen unserer heutigen Wissenschaften uns für unser Leben<br />

bedeutsame Orientierungsperspektiven anbieten kann.<br />

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