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Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

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Die „erste Natur“ war im Rahmen dieser Überlegungen die von menschlichen Einflüssen<br />

völlig unberührte Natur, die allein ihren eigenen Gesetzen folgte. Innerhalb unseres<br />

Kulturkreises gibt es sie nur noch als ideale Vorstellung, deren Schönheit man nachtrauert<br />

und auf die man seine Sehnsüchte projiziert (unsere Naturschutzgebiete sind<br />

Kulturlandschaften und haben mit ihr nichts zu tun).<br />

Gärten bilden also als ästhetische Ausdruckskörper die „dritten Natur“, für die wir eigene<br />

Wahrnehmungskriterien benötigen. Als ein selbständiges abgegrenztes Stück Land bilden sie<br />

eine dreidimensionale Welt, in der bestimmte ästhetische Kriterien deutlicher zum Ausdruck<br />

kommen als in den anderen Künsten - deutlicher als in einem Bild, einer Skulptur oder auch<br />

der sonstigen Architektur. Ihr Problem ist nur, dass sie sich weitgehend dem Zugriff der<br />

allgemeinen traditionellen kunstvermittelnden Instanzen, z.B. der Museen oder Galerien<br />

entziehen und damit von diesen aus ihrem Blick- und Interessenwinkel heraus als<br />

Kunstdisziplin in Frage gestellt werden. Gärten unterstehen zunächst keiner Institution. Sie<br />

stellen eine eigene Welt dar, eine Welt, die bei allen Eingriffen in einen Ort, in die Natur eine<br />

Rückzugsqualität für uns besitzt, weil sie uns zu unserer inneren Welt zurückführt.<br />

Je nach unserer Einstellung zur Natur haben wir in Europa bisher drei Gartenstile gehabt:<br />

- den architektonischen Garten (stilbildend besonders in der Renaissance und im Barock):<br />

Er diente besonders der Statusdarstellung; über dem Vergnügen,<br />

der zwischenmenschlichen Kommunikation (Bosketts) und der<br />

Erholung.<br />

- der Landschaftsgarten: In ihm wurden geistige und moralische Ideale eines neuen<br />

Bürgertums gestalterisch umgesetzt.<br />

- der Reformgarten (Lebensreformgarten), der - relativ formungebunden -, den inneren<br />

Bedürfnissen seines Schöpfers und Auftraggebers folgt.(Damit<br />

orientiert er sich nicht mehr wie der Landschaftsgarten an<br />

übergeordneten Wertträgern wie der Natur oder der<br />

Gesellschaft, sondern am Individuum. Erst bei diesem Gartentyp<br />

ist die neuere Gartenkunst beim einzelnen Menschen<br />

angekommen. Er ist ein zutiefst persönliches Ergebnis - bei dem<br />

notwenigen Mut zur entsprechenden Umsetzung -, auf das die<br />

Kriterien der vorangegangenen Stile nicht greifen. Die Form des<br />

Dialoges mit der Natur hat sich bei ihm verändert. Früher war<br />

die Gartengestaltung der Versuch einer Naturbeherrschung,<br />

dann die eines betrachtenden Gegenübers und heute ist sie im<br />

Ideal der Versuch einer Umsetzung der eigenen Persönlichkeit<br />

an einem bestimmten Ort mit den Gesetzen und Mitteln der<br />

Natur. Es gibt keine formale, nur noch eine geistige Vorgabe, in<br />

der sich sein Schöpfer präsentiert und seine Denk- und<br />

Handlungsgewohnheiten zum Ausdruck bringt. Ein Problem<br />

dabei ist, dass es, wie bei jeder ästhetischen Betrachtung, auch<br />

hier auf den Betrachtungsstandort ankommt - allerdings oft auf<br />

einen sehr persönlichen, auf den des Gartenkünstlers und seiner<br />

inneren Welt.<br />

In der Regel nehmen wir einen Garten nur als eine ästhetische Szenerie wahr, die mehrere<br />

Assoziationsbilder beinhaltet. Er ist ein Erklärungsmuster über die Psyche seines Schöpfers<br />

(wenn er auf dessen Bedürfnisse hin gestaltet wurde). In ihm vereinen sich künstlerische<br />

Traditionen und ideale, zeitgemäße Raumkonzepte. Seine Komplexität und Veränderlichkeit<br />

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