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Ein Ergebnis der Alternativbewegung ist auch, dass wir die Prozesshaftigkeit der Natur<br />

wieder stärker berücksichtigen, d.h., ihrer Eigenentwicklung mehr Raum lassen, sei es durch<br />

- die Dynamik ihres Wachstums,<br />

- die Eigendynamik innerhalb der Pflanzengesellschaften,<br />

- lenkende Eingriffe.<br />

Da unsere von der Technik geformte Zivilisationslandschaft nicht mehr unserer<br />

phylogenetisch verinnerlichten Ideallandschaft entspricht, versuchte die Alternativbewegung,<br />

diese wieder in das Bewusstsein zurückzurufen, im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten<br />

wieder zu den Ursprüngen des Menschseins zurückzukehren. Ihr konservatives Natur-Kultur-<br />

Verhältnis, das einerseits seinen Ausdruck in einer romantischen Natursicht fand und<br />

andererseits im Versuch einer archaischen Existenzsicherung, blieb am Ende allein in einer<br />

sinnlicheren Umweltwahrnehmung hängen. Einst war es das Ziel des Menschen, der<br />

„Brutalität“ der Natur zu entfliehen, sich seinen Daseinskampf zu erleichtern. Mit Hilfe seiner<br />

Zivilisation unterwarf er sie mit der gleichen Brutalität, nicht daran denkend, dass er sich bei<br />

einer Maßlosigkeit selber seine Existenzgrundlagen entzog. Da im psychischen Bereich die<br />

Mangelerscheinungen schleichend auftreten, wurde er mehr oder weniger krank, und seine<br />

religiösen und ethischen Orientierungshilfen konnten ihn vor seiner immer weitergehenden<br />

Rücksichtslosigkeit gegenüber der Natur nicht schützen. Der Mensch konnte sich zwar im<br />

urbanen Bereich von den Naturzwängen befreien, verkrüppelte dabei aber zugleich seelisch.<br />

Sein Feinstoffwechsel ist biologisch auf eine andere Reizwelt hin programmiert. In dieser<br />

Situation vermag der Garten in einem begrenzten Umfang in dieses Vakuum zu treten. Der<br />

Mangel wurde zwar seit der Romantik in unserer Kultur schon immer thematisiert, der<br />

Biedermeiergarten ein erster Zufluchtsort, doch erst mit der Reformbewegung wurde man<br />

sich unter den Intellektuellen der Zeit vieler Problembereiche unserer Zivilisation bewusst.<br />

Ein Garten ist zugleich ein naturnahes und eine ästhetisches Objekt. Er bietet für unsere<br />

Wahrnehmung die für unsere innere Gesundheit nötigen Naturreize, und er erlaubt<br />

gleichzeitig der Natur gegenüber eine kreative Haltung. Er stellt immer ein Gegenüber dar mit<br />

einer Vielzahl von Bezugsebenen, intuitive und rationale. Über die Reibungen mit ihm reift<br />

das Ich zu dem was es ist (allerdings haben die Reibungen mit dem Objekt Garten den<br />

Vorteil, dass man sie nicht als existentiell böse wahrnimmt). In einem Garten schafft man<br />

deshalb kein Nachbild der Natur, sondern nur deren, ihrem Gestalter gemäße Idealbild, seine<br />

Vision von ihr, sein Paradies.<br />

Ursprünglich war die Natur der Gegner im Kampf ums Überleben, heute sichert sie dieses,<br />

wenn der Mensch sie schont. Unsere Blickrichtung hat sich verändert. Je mehr wir in unser<br />

Inneres sehen, desto mehr sehen wir sie in uns, bzw. auch in unserer inneren Abhängigkeit.<br />

Durch die Trennung des modernen Subjekts von der Natur ist dieses relativ orientierungslos,<br />

bzw. stark ideologieabhängig geworden. Unsere Umwelt wird durch einen kulturellen Filter<br />

als dynamischer Großraum wahrgenommen. Hier findet die Landschaftsplanung ihren<br />

Arbeitsansatz, einmal im Sinne eines Naturschutzes und zum anderen, sozialwissenschaftlich<br />

orientiert, als rationale Freiraumplanung, für die die „alten“ Naturbezüge nur überwindungsnotwendige<br />

Vorstellungsrelikte darstellen. Der neue Mensch hat seine biologische<br />

Vergewaltigung, besonders durch den modernen Tiefbau, nicht mehr zu bemerken. Kann er<br />

sich dieser neuen Welt nicht anpassen, so muss mit Hilfe von Chemikalien seitens der<br />

Medizin in seinem Stoffwechsel regulierend eingegriffen werden. Die Gestaltung der Umwelt<br />

hat primär funktionalen Bedürfnissen zu folgen, die die Ökologie aus der Sicht der<br />

Standortfaktoren und der anzusiedelnden Flora und Fauna dann nur noch begleitet.<br />

Der Naturschutz und die Naturgärtnerei gehen heute oft von einer restaurativen,<br />

konservativen Grundhaltung aus. Ihr Problem ist, dass sie für zukunftsorientierte Aufgaben<br />

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