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eiten Rahmen für die Entfaltung des divergenten Denkens, des kreativen Handelns bietet,<br />

dass er nicht allen Menschen gerecht werden kann.<br />

Heute kann niemand mehr befriedigend sagen, was Kunst eigentlich ist. Man kann sich ihrem<br />

Verständnis immer nur nähern. Und in dieser Situation ist es unter den Technikern in ihren<br />

Disziplinen schick, nicht mehr dazu gehören zu wollen (auch in der Gartengestaltung).<br />

Entgegen kommt ihnen die große Unsicherheit in den Künsten selber. So gibt es zurzeit<br />

keinen Kunstzweig, der sich nicht gelegentlich die Frage seiner Zugehörigkeit stellt. Selbst in<br />

der Malerei wird ständig ihr Ende propagiert. Allgemein kann man sagen:<br />

- Unter Kunst im engeren Sinne versteht man heute den Bereich der Kultur,<br />

dessen Bedeutung nicht in der Zweckmäßigkeit, sondern in der Ästhetik liegt.<br />

- Die moderne Kunst beinhaltet die Veränderung eines Gegentandes, eines<br />

Raumes (dies auch unter der Einbeziehung der Natur durch die Gartenkunst)<br />

für den Gewinn einer neuen (ästhetischen) Blickweise auf diesen, diese.<br />

- Die Einbeziehung des Prozesshaften (damit verbunden, das Sehen eines Ortes<br />

als etwas Geschichtliches. Für die Gartenkunst ist dies zwar bisher kein<br />

Thema gewesen, weil sie ihn immer berücksichtigt hat, doch ist keine andere<br />

Disziplin davon stärker betroffen).<br />

Das Hauptmerkmal der Kunst gegenüber der Wissenschaft ist ihre offene Kreativität, ihr<br />

Problem, ihre z.Z. fehlende Abgrenzung von der „Nichtkunst“, bzw. dem Fehlen<br />

nachvollziehbarer Qualitätsnormen.<br />

Die Kunst besitzt heute einen Orientierungscharakter bezüglich des Auslebens der<br />

Individualität vergleichbar den Religionen, politischen Gruppierungen oder spezifischen<br />

Normen von Subkulturen. Dabei vertritt sie in jedem Fall, das jeweils Positive, sei es im<br />

aktiven oder passiven Erleben. Seit dem Beginn ihrer Entstehung diente sie<br />

- der Selbstdarstellung (damit der sexuellen Attraktivität),<br />

- dem Zusammenhalt von Gruppen (über die gemeinsame Symbolsprache),<br />

- dem kulturellen Gedächtnis,<br />

- der Selbstfindung (in allen ihren Formen; in der Gartenkunst besonders in der<br />

Beziehung zum biologischen Menschen und der Natur allgemein).<br />

Ein Problem der Kunst ist, dass sie sich inhaltlich nicht allein auf die sinnlich wahrnehmbare<br />

Objektwelt beschränken kann, sondern diese (völlig subjektiv) auf einer nichtsinnlichen<br />

Seinsebene erfahrbar machen muss. Dies setzt einerseits ein gewisses Gespür und andererseits<br />

eine gewisse Erfahrung voraus. Einem Unmusikalischen wird die Bedeutung der Musik kaum<br />

zu erklären sein, und ein geschulter Zuhörer wird darin mehr Erlebnisebenen erfahren als ein<br />

ungeschulter. Ähnlich ist es in der Gartenkunst. Der Betrachter muss seine (oft kulturbedingt<br />

verkümmerten) Sinne für die Natur öffnen können.<br />

Ob man die Gartenkunst als Kunstdisziplin akzeptiert (wenn man nicht nur seinen Vorurteilen<br />

folgt), hängt davon ab, an welcher Stelle der kunsttheoretischen Überlegungen man sich<br />

einordnet. Bei genauerer Betrachtung hat sie immer dazugehört, zunächst als ein<br />

atmosphärisches Umfeld der Schamanen, dann als Teil der Architektur und später als eine<br />

eigene Berufsgruppe (z.B. Vignola, Le Notre, Kent) sowieso. Heute sehen wir sie als die<br />

zentrale Raumkunst mit der engsten Verbindung des Menschen zur Natur, d.h. der Welt seiner<br />

biologischen Zugehörigkeit.<br />

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