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lassen. Eins unserer Probleme ist, dass wir sie zunehmend immer weniger mit unseren Sinnen<br />

erleben, sondern nur noch rational mit den Augen eines spezialisierten Naturwissenschaftlers,<br />

eines Physikers, eines Chemikers oder eines Biologen. Und diese wiederum sehen in ihrer<br />

Welt nur noch einen engen Bereich. So braucht genau genommen auch ein guter Biologe als<br />

Spezialist keine Kuh oder kein Schaf mehr zu kennen. Eine Folge davon ist, dass die Natur<br />

immer weniger als Ganzes gesehen wird und wir immer weniger ein Gespür für sie besitzen<br />

(ein Gespür, das früher jeder „einfache“ Bauer oder im Gesundheitsbereich ein Landarzt<br />

besaß).<br />

Genau genommen ist die Frage nach dem Verhältnis des Menschen zur Natur, die für ihn<br />

existentiell wichtigste überhaupt. Seine Grundeinstellung ihr gegenüber bestimmt sein Fühlen,<br />

Denken und Handeln. In der Bibel sprach Gott am sechsten Tag: „Macht euch die Erde<br />

untertan“. Damit wurde sie für ihn zu einem Objekt seiner Eroberung. Diese stellte ihn auf<br />

eine autonome Ebene, die ihm die Macht zusprach, die Natur nur noch als Werkzeug oder<br />

Material zu sehen. Die Technik als ein Ausdruck seiner Kultur wurde ihr gegenübergestellt.<br />

Natur und Technik wurden zu Antipoden, standen sich diametral gegenüber. Die Technik<br />

wurde zum wichtigsten Mittel der menschlichen Emanzipation. Dem rationalen<br />

Weltverständnis folgte die industrielle Revolution mit ihrer Verheißung in Zukunft die Kräfte<br />

der Natur beherrschen zu können.<br />

Mit der industriellen Revolution begann aber auch der Prozess einer verstärkten<br />

Umweltzerstörung und bei genauerem Hinsehen der menschlichen Selbstzerstörung. Dies<br />

wurde zunächst von den Romantikern (1798 – 1835) erkannt, die sich dafür viel Spott<br />

anhören mussten. Sie galten als irrational, die an der Einheit der Natur als Symbol für einen<br />

übergeordneten Geist und damit für Gott festhielten. Aber mit den Romantikern begann die<br />

Welt unserer Moderne. Sie war das Ergebnis der Spannungen zwischen einem ganzheitlichen<br />

Umweltbewusstsein und einem jeweils rational erfassten Teilbereich der Natur, aus dem dann<br />

das moderne Individuum hervorging. Und je nachdem wo der einzelne Mensch kulturell jetzt<br />

steht, sieht er verstärkt die positiven Möglichkeiten der Naturbeherrschung (z.B. des<br />

Atomstroms) oder den Beginn der menschlichen Selbstzerstörung.<br />

Wir haben in unserer Kultur ein ästhetisches und zugleich ein wissenschaftliches Bild von der<br />

Natur verinnerlicht, ein romantisches Harmoniebild (als Paradies) und zugleich das der<br />

Ressourcenquelle für unser Wohlergehen. Unser persönliches Bild bewegt sich dazwischen,<br />

jeweils mehr oder weniger zu einer dieser Vorstellungen neigend. Das Problem setzt ein,<br />

wenn der Mensch vergisst, dass er selber biologisch ein Teil dieser Natur ist und über deren<br />

Ausbeutung seine eigenen Lebensgrundlagen zerstört. Dieser Denkansatz ist rational, selbst<br />

wenn er verinnerlicht oft emotional vorgetragen wird - auch das in einer oft zeitabhängigen<br />

Form -, heute gerne als ein „komplexes System der Selbstorganisation“ (Treptow). Ein<br />

anderer Zugang ist ein ästhetischer, ein Zugang der oft bei Stadtmenschen zu beobachten ist.<br />

Das Naturschöne wird dabei einerseits von der Ästhetik eines Naturdetails oder als Ganzes<br />

von einer Landschaft abgeleitet - von der visuell erfassten Natur als Ganzes. In beiden Fällen<br />

ist sie von den jeweiligen Stimmungen des betroffenen Menschen abhängig. Dabei<br />

beeinflussen sich bei der Naturbeobachtung der Betrachter und die Natur gegenseitig. Der<br />

Betrachter blickt aus seinem Lebensgefühl und seiner Erfahrung (z.B. seiner Arbeit in ihr) auf<br />

sie und die Natur wirkt auf ihn über ihr wechselndes Erscheinungsbild ein (z.B. die Tages-<br />

und Jahreszeiten, die jeweilige Witterung, letztlich die Formen der Urnatur: Erde, Wasser,<br />

Licht und Wärme). Dadurch erhält jeder Naturraum seine charakteristische Erlebnisqualität -<br />

und jeder Garten stellt letztlich einen Naturraum dar. In dem Augenblick in dem wir anfangen<br />

einen Ort ästhetisch zu gestalten, beginnen wir einem in uns liegenden Ideal zu folgen, das<br />

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