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Mit dem Reformgarten tritt der Mensch als eigenes Thema in das Blickfeld der Gartenkunst.<br />

Er begründet damit nach dem formalen Garten der Renaissance und des Barocks und dem<br />

Landschaftsgarten den dritten großen Gartenstil.<br />

Außer Migge besaß die Gartenkunst in der damaligen Zeit keine Persönlichkeit, die den<br />

Reformgarten über die Anfangsversuche in eine neue Zukunft hätte führen können. Maasz als<br />

der zweite bedeutende Vertreter war dafür viel zu stark der nationalsozialistischen Ideologie<br />

verhaftet. Der tatsächliche Durchbruch für eine neue in die Zukunft weisende Handschrift<br />

gelang dann erst Cramer in der Schweiz. Seine Ausstellungskonzeptionen (Zürich 1959,<br />

Hamburg 1963) wurden zwar viel diskutiert, fanden aber keine Nachfolger. Erst gegen Ende<br />

des Jahrhunderts gab es wieder einige mutige Versuche in einer neuen Handschrift. Von<br />

denen die vielleicht bekanntesten sind:<br />

- der botanische Garten in Barcelona,<br />

- der Berggarten in Graz<br />

(und die neueren Entwürfe im „Atlas der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur“,<br />

2008).<br />

Migge hatte die Voraussetzungen mitgebracht, die Gartenkunst in eine neue Stilepoche zu<br />

führen. Der Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit verhinderten dies in Deutschland.<br />

Die Gartengestaltung orientierte sich weg von der Kunst zur Wissenschaft und übertrug ihre<br />

Erfahrungen aus der Großraumplanung in Osteuropa (Wiepking „Generalplan Ost“) auf die<br />

heimische Landschaftsgestaltung. Da ihre Berufsvertreter sowieso gering an Zahl waren, die<br />

Honorarerlöse bei Großprojekten naturgemäß höher waren, konnte sich keine kunstorientierte<br />

Berufsgruppe mehr entwickeln.<br />

Die Lebensreformbewegung führte die Lust zum Leben in den Garten ein. Die historischen<br />

Anlagen waren ein Wunschbild von der Natur gewesen, die neuen ein Ausdruck der<br />

persönlichen Lebenskunst. In Opposition zur Lenné-Meyerschen-Schule wurde der<br />

Reformgarten in Deutschland von einer Reihe von Künstlern und Architekten eingeleitet, u.a.<br />

von Lichtwark, Muthesius und Schultze-Naumburg. Nach dem 1. Weltkrieg wurden dann<br />

deren Arbeiten von Gärtnern fortgesetzt, sie sich zur Lebensreformbewegung bekannten, u.a.<br />

Migge, Maasz und Valentin. Genau genommen kann bei fast jedem der damaligen<br />

Gartenkünstler eine Beziehung zu diesem Gedankengut festgestellt werden, unabhängig von<br />

ihrer politischen Position während der Zeit des Nationalsozialismus. Viele von ihnen kamen<br />

aus der Wandervogelbewegung und waren naturnahe Idealisten.<br />

Migge sah im Garten einen Ausgleich zur Zivilisation. Der „kommende Garten“ sei ein<br />

„hochtechnischer Garten“ - getragen von einer „nützlichen Schönheit“, d.h. der Vereinigung<br />

eines Nutzgartens mit einem naturnahen Erholungsraum. Migges Gestaltungsansatz war das<br />

„Zurück ins Paradies“. Unter Camillo Schneider und dann später unter Wiepking trat dann an<br />

die Stelle ästhetischer Kriterien die Forderung nach einer Betonung von „Boden und<br />

Landschaft“.<br />

Die Hauptforderung der Lebensreformbewegung waren<br />

- ein Leben im Einklang mit der Natur (als Antwort auf die zunehmende<br />

Entfremdung des Menschen von seinen Lebensgrundlagen durch die<br />

Industrialisierung ) und<br />

- eine naturgemäße Lebensführung.<br />

Sie erfasste die gesamte intellektuelle Gesellschaft der Zeit um 1900 und bestand parallel zum<br />

politisch orientierten Sozialismus. Heute wird sie gerne als eine Bewegung versponnener,<br />

barfüßiger Propheten diffamiert, doch gehen fast alle unsere modernen Wertvorstellungen auf<br />

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