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Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

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- seinen geschichtlichen Prägungen und Bindungen,<br />

- den „lebensräumlichen Anmutungsqualitäten“,<br />

- den existentiellen Wohn- und Lebensqualitäten.<br />

In Saarbrücken gelang Latz eine selten konsequente, ortsangemessene Lösung für eine<br />

städtische Brachfläche, indem er dort eine multifunktionale, beziehungsreiche (syntaktische)<br />

Anlage schuf. Er ließ darin die Geschichte dieses Ortes zum Ausdruck kommen. Der Zeitgeist<br />

wurde für ihn hier zum Ortsgeist. Latz bezog sich dabei auf die Reste der alten Hafenanlage<br />

und industriehistorische Relikte, die denkmalartig herausgestellt wurden. Weiter schuf er aus<br />

den alten Mauerbruchstücken Klamottmauerwerke und orientierte sich an den vorhandenen<br />

Pflanzen und Tieren. Es entstand aus den verbliebenen Fragmenten einer vergangenen Zeit<br />

eine unsentimentale Ruinen- und Brachlandschaft. Mit Hilfe von Blickachsen verband er sie<br />

mit der Stadt und dem Umland, indem er in die Schutthügel Schneisen graben ließ, so dass<br />

der Blick auf die für die Stadt bedeutsamen Gebäude frei wurde. Für die Erinnerungen<br />

langjähriger Anwohner wurden gegenständliche Orientierungspunkte belassen und durch die<br />

Einbeziehung der angrenzenden Saar der Freizeit- und Erholungswert gehoben. Für<br />

Repräsentationszwecke wurde eine Festwiese geschaffen und zur Aufwertung des<br />

Gesamtgeländes gründerzeitlich orientierte Kleinbauten errichtet. Verschiedene<br />

Gestaltungselemente wurden immer wieder aufgegriffen und durchvariiert. Die Gesamtanlage<br />

wurde zu einem Spiel räumlicher und geschichtsbezogener Strukturen, die sich im Rahmen<br />

eines längeren Planungsprozesses (auch in Verbindung mit interessierten Interessengruppen)<br />

als bedeutsam herausgestellt haben. Der Genius loci wurde hier als ein geschichtlichortsbezogener<br />

Inhalt herausgestellt.<br />

Das Problem einer solchen geschichtsbezogenen Vorgehensweise kann ihre starke Perspektiv-<br />

abhängigkeit sein. Nicht nur, dass sie sehr zeitabhängig ist (und damit ein eigener<br />

Zeitausdruck), sie ist oft auch stark interessengebunden. Dies zeigt sehr deutlich eine andere<br />

Planung von Latz in Israel, der Tafelberg von Hiriya Mountain bei Tel Aviv (2004 Latz in<br />

einem internationalem Wettbewerb unter acht eingeladenen Teilnehmern zugesprochen). Man<br />

hatte hier nach der Vertreibung der ehemaligen Bewohner über deren Dorf Hiriya nach 1952<br />

ohne irgendwelche Schutzvorrichtungen einen Müllberg errichtet, der besonders wegen der<br />

sich ansammelnden Vogelschwärme zu einer Bedrohung für den Ben-Gurion-Flughafen<br />

wurde. Dieser Müllberg (inzwischen 85 m hoch, 300 ha, 30 Mio. Kubikmeter Müll) soll nun<br />

in einen Natur- und Freizeitpark, den sogenannten „Ayolon Park“ umgewandelt werden.<br />

Dabei will man von der „Identität“ des Ortes ausgehen, dem charakteristischen Müllberg.<br />

Neben der Lösung technischer Probleme (Rutschgefahr der Steilhänge, Auffangen giftiger<br />

Sickerwässer) soll nun eine Grünanlage entstehen mit Terrassen und Gärten und einer<br />

mittleren Senke (25 % davon als offene Wasserfläche), sozusagen eine verborgene Oase als<br />

Höhepunkt. Bei einer schwerpunktmäßig geschichtlichen Orientierung könnte man dies auch<br />

anders sehen. Das wahrscheinlich jahrhundertealte arabische Dorf Hiriya aus dem die<br />

Einwohner von den Israeli vertrieben wurden (siehe dazu den Bericht des israelischen<br />

Historikers Ilan Pappe „Die ethnische Säuberung Palästinas“, 2007) und über das sie ihren<br />

Müll gekippt haben. Die Anlage wird in der geplanten Perspektive zu einem<br />

opportunistischen Bauwerk eines deutschen Landschaftsarchitekten. Er hätte den Auftrag mit<br />

einer anderen Geschichtsperspektive nicht erhalten.<br />

Eine Berücksichtigung des Genius loci bei den Gestaltungsüberlegungen bedeutet zunächst<br />

nur, dass man von den Gegebenheiten eines Ortes ausgeht:<br />

- Bei den standortabhängigen, wie den Boden- und Klimaverhältnissen, wurden<br />

dies schon immer als selbstverständlich angesehen,<br />

- bei den ökologischen, kulturellen und historischen Bezügen wächst das<br />

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