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Was die Natur genau ist, kann heute niemand mehr eindeutig sagen. Man kann sich ihr nur<br />

umschreibend nähern. Für die Vorsokratiker war sie „das Sein als Ganzes“ und später für<br />

Marx ein Lebens- und Produktionsmittel. Nachdem Newton es gelang, sie zu<br />

mathematisieren, wurden die so gewonnenen Ergebnisse zu Ausdrücken der Erkenntnis<br />

erklärt. Heute wissen wir, dass sie nur jeweils das ist, was wir uns unter ihr vorstellen.<br />

Besonders nach dem 2. Weltkrieg wurde alles Sinnliche als Kitsch abgewertet und an die<br />

Stelle dessen von den Künstlern das Intellektuelle für sich entdeckt. (das macht heute für viele<br />

Menschen die verschiedenen Kunsttempel so unerträglich, wenn sie etwas für ihre emotionale<br />

Welt suchen und an Stelle dessen individuellen Intellektualismus geboten bekommen. Damit<br />

z.B. im Theaterbetrieb die Menschen unter diesen Umständen nicht weglaufen, stehen<br />

„moderne“ Musikstücke am Beginn der Konzerte oder sollen bereits vor Aufführungen die<br />

Türen verschlossen worden sein). Damit gaben die Künste aber ihr ureigenes Terrain auf.<br />

Dabei geht es nicht um eine konservative Sicherung von Inhalten vertrauter Wohnlichkeit<br />

oder einer „angenehmen“ Ästhetik, sondern um die Abdeckung sinnlicher Bedürfnisse. Es<br />

geht auch nicht um traditionelle Idealbilder der Natur (sie wären ein Kulturergebnis), sondern<br />

um die Zufriedenstellung tief in uns liegender phylogenetischer Vorgaben, ohne die es keine<br />

psychische Gesundheit gibt (und die erst das Hauptkriterium der Kunst sind).<br />

Auch wenn der Mensch von Natur spricht, ist alles menschliche Gestalten letztlich immer ein<br />

Ausdruck seiner Kultur. Die Dimensionen dieses seines Tuns können dabei Magie, Zauber<br />

(u.a. Inhalte zur Befriedigung unserer Sehnsüchte), Harmonie, Romantik, Ordnung oder auch<br />

nur Funktionalität sein. Sie alle beinhalten ein inneres Gleichgewicht von Natur und Kultur<br />

und damit eine innere Ordnungsvorstellung. Keine der anderen Künste vermag eine solch<br />

enge Beziehung des Menschen zur Natur herzustellen wie die Gartenkunst. Und da der<br />

Mensch selber zunächst Natur ist, ist sie auch die Welt (so er sich mit ihr befasst), die ihm am<br />

nächsten steht. Ihm wurde zwar immer wieder bei der Gartenkunst der Zwang zu ihrer<br />

Nachahmung vorgeworfen, doch dabei übersehen, dass dies seit der Antike dem Ideal<br />

zunächst aller Künste entsprach, und dass diese Vorgabe in der Natur des Menschen selber<br />

begründet ist (seiner „Natur“ kann er auch in den anderen Künsten nicht entfliehen. Es gibt<br />

für ihn keine eigene Existenz ohne sie). Gefangen von unseren Ideologien sind wir nie offen<br />

gegenüber unserer Umwelt. Wir sehen sie nur durch die Filter unserer geistigen<br />

Begrenzungen.<br />

In unserer urbanisierten Welt sind Gärten ein humanes Kapital. Die Orte unserer Existenz<br />

werden immer begrenzter, kostbarer und zugleich auch immer verwundbarer. Sie haben eine<br />

Geschichte und bestimmen unsere heutigen Lebensbedingungen. Die Vorstellung von einer<br />

„unberührten Natur“ beinhaltet immer eine Lüge. Auf unserer Erde gibt es keinen vom<br />

Menschen unbeeinflussten Flecken mehr. Es geht immer nur um das Problem einer mehr oder<br />

weniger stark beeinflussten Natur - und bei der stark beeinflussten -, um das Problem unseres<br />

Selbsterhalts und unserer psychischen und physischen Gesundheit. Dabei können Gärten<br />

mögliche Antworten auf die Sinnkrise unserer Kultur darstellen. Hierfür stehen ihren<br />

Schöpfern nur noch die beiden Möglichkeiten einer Einordnung, bzw. einer Emanzipation im<br />

Sinne einer Entfaltung und nicht einer Herrschaft über die Natur zur Verfügung. Die Natur ist<br />

für einen Gartenkünstler mehr als nur eine Ressource, sie ist ein zu gestaltender kultureller<br />

Wert, der Beginn seines Weges auf der Suche nach dem Absoluten.<br />

Der menschliche Umgang mit der Natur ist nie wertfrei, sondern eingebunden in ein<br />

kulturabhängiges Weltbild. Mit der zeitabhängigen Veränderung der Werte in seinem<br />

Kulturbereich verändert sich auch dieses sein Weltbild und damit seine Perspektive aus der<br />

heraus er die Natur sieht. Mit der Veränderung dieser Perspektive ist deren Nutzungsänderung<br />

verbunden. Konservative Kreise versuchen dann noch möglichst lange an alten Werten und<br />

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