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Bewusstsein dafür,<br />

- die baulichen und sozialen ergeben sich oft aus den Lebensansprüchen der<br />

Nutzer,<br />

- dass er aber auch einen numinosen Bezug haben kann (einen naturbetont<br />

„heiligen“), ist uns weitgehend unbekannt. Aber genau dies ist der Punkt, bei<br />

dessen Erfassung ein Ort, ein Garten vielleicht erst seine letzte Qualitätsstufe<br />

erreicht.<br />

Der Genius loci ist keine Abstraktion, sondern die innere Bedeutung eines Ortes, die nicht<br />

von großen Bezugselementen abhängig ist. Er kann wie ein Hortus conclusus auf engstem<br />

Raum nach innen gerichtet sein und ist als eine gestalterische Tiefendimension zu verstehen,<br />

nicht im Sinne der mythischen Vorstellungen der Antike, sondern für uns heute als die<br />

„unveräußerliche Aura“ eines Ortes.<br />

Wir haben heute in unserer Gesellschaft die Situation, dass viele Menschen die Natur nur<br />

noch völlig rational, völlig desakralisiert sehen können. Doch gibt es ein feinstoffliches Mehr,<br />

das sich dem entzieht, das wir nur phylogenetisch-instinktiv erfassen können und dem Gefühl,<br />

dessen Inhalt wir früher der Religion zugesprochen haben. Erst in diesem Mehr können wir<br />

unsere Individualität leben und uns tatsächlich verwirklichen. Es ist eine Welt, die sich den<br />

Grenzen unserer Rationalität weitgehend entzieht und von ihr letztlich auch nicht bewertet<br />

werden kann. So sind unsere „Erkenntnisse“ im Mikrobereich und Makrobereich des<br />

Universums genau genommen nichts anderes als Setzungen, Ableitungen mathematischer<br />

Größen und aus diesen zur Veranschaulichung abgeleiteten Bildern, die für uns<br />

glaubensmäßig Realitätscharakter besitzen. Die Qualität einer Musik lässt man auch nicht von<br />

einem unmusikalischen Menschen beurteilen.<br />

Früher war der Ort der Götter der „Utopos“. Er durfte nicht betreten werden. Man erzählte<br />

sich deshalb von diesem Unbekannten Mythen, die die Zuhörer tief beeindruckten und in<br />

ihren Handlungen beeinflussten. Die Fantasie des frühen Fou<strong>ca</strong>ult regten in seiner Kindheit<br />

Räume an, die er noch nicht sprachlich, sondern nur über sein Empfinden und Ahnen erfassen<br />

konnte. Er verstand dieses Bewusstsein als Heterotopie. Für ihn gehörte auch der Garten dazu.<br />

Die Menschen bezogen früher ihre Ordnung als Utopie aus dem unverstandenen „Chaos“<br />

ihrer Umwelt, während wir sie heute bei der Heterotopie aus der Welt der uns umgebenden<br />

Realitäten beziehen. Aus beiden Wunschwelten leitet der Mensch seine Setzungen ab, die<br />

dann sein Denken bestimmen.<br />

Ein Garten ist ein Ort, der über das Gestaltete und über das Nichtgestaltete zu seinem<br />

Betrachter spricht - der geradezu von dem Dialog zwischen diesen beiden Welten lebt. Schon<br />

Pope (1688 – 1744, vielleicht der erste Schöpfer eines Landschaftsgartens; Twickenham)<br />

verlangte das Eingehen auf den spezifischen Charakter eines Ortes. Und Kienast (1945 –<br />

1998) bewertete einen Garten danach, wie er „den Charakter eines Ortes, seine Atmosphäre“<br />

richtig getroffen hat. In Punkt sieben seiner zehn Thesen zur Landschaftsarchitektur betont er<br />

zur Bezugsnahme zu einem Ort: „Weil durch ihn die Beliebigkeit und Austauschbarkeit von<br />

Lösungen verhindert und mehr das Besondere als das Allgemeine möglich wird“. Ein<br />

Gedankenkonzept ergibt sich aus der Analyse eines Ortes, seinem kulturellen, ökologischen<br />

und sozialen Zustand. Die Authentizität des Ortes definiert sich dann „über die Gestalt, das<br />

Material und den Gebrauch“. „Dies widerspricht einer --- konservierenden Haltung“, die nur<br />

die Vergangenheit und nicht auch in die Zukunft sieht.<br />

Der erste und vielleicht auch wichtigste Schritt zur Gartenkunst ist, sich auf einen Ort<br />

einzulassen, ihn in sich aufzunehmen, um dann aus sich heraus auf ihn zu reagieren, d.h. sich<br />

seiner zu erfreuen oder auf seine Probleme, bzw. Fragen Antworten zu geben. Die<br />

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