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Bei einer Beschäftigung mit dem Naturschönen hängt es davon ab, ob man sich als Mensch<br />

selber als Teil der Natur sieht oder ob man sich über sie stellt. Die Schönheit der Natur wurde<br />

schon in der Antike bewundert und verehrt. Später galt sie als das „Kunstwerk Gottes“ und<br />

damit als das absolute Vorbild menschlichen Gestaltungsstrebens. Seit der Neuzeit wird das<br />

Naturschöne nun als eine subjektive Erfahrung gesehen, bzw. als eine Projektion persönlicher<br />

Stimmungen und Gefühle. Es erlaubt sinnlich existentiell notwendige Erfahrungen, die<br />

ansonsten in keinem anderen Lebensbereich gemacht werden können, z.B. die Erfahrungen<br />

- unserer Ursprünglichkeit,<br />

- einer unendlichen Weite (z.B. Meer, Wüste, Gebirge usw.),<br />

- einer kaum fassbaren Formenvielfalt,<br />

- von „Wahrheit“ (durch ihre nicht gesellschaftlich abhängigen<br />

Gesetzmäßigkeiten).<br />

Die Natur kann deshalb von hierher als eine utopische Gegenwelt zur dekadenten Alltagswelt<br />

gesehen werden. Der Einklang mit ihr wird zu einem Motiv menschlicher Sehnsüchte (und<br />

damit dem vieler Künstler in allen Kunstdisziplinen). Systematikversuche des Naturschönen<br />

erlauben eine Differenzierung wie auch eine Erweiterung unserer ästhetischen Erfahrungen.<br />

Sie können u.a. auf die Grundelemente Wasser, Erde, Feuer oder Luft bezogen sein oder auf<br />

Werte wie die Erhabenheit, die Anmut oder andere. Ihre Erfahrung ist nie vollständig<br />

beherrschbar, weil sie stark von den Vorgaben beim betrachtenden Subjekt abhängen.<br />

Ein Problem der Naturschönheit ist deren unerschöpfliche gesetzmäßige Vielfalt, die bei einer<br />

Ästhetisierung der Natur durch den Menschen immer seinen natur- und<br />

geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen und sozialen Vorgaben verhaftet bleibt. Eigentlich<br />

kann er nur versuchen, zwischen sich und ihr ein harmonisches Verhältnis herzustellen - im<br />

Sinn seiner Bedürfnisse bezogen auf die Natur und einem Gefühl der Verantwortung<br />

gegenüber der Natur als moralische Verpflichtung.<br />

Im Gegensatz zum Schönen, das nur mit angenehmen Empfindungen gesehen wird, steht das<br />

Erhabene für das Große, Gewaltige, das auch mit Angst und Schrecken verbunden ist -<br />

allerdings in einer Form, dass dem Betrachter von ihm keine Gefahr droht. Geschichtlich wird<br />

es mit der zunehmenden Beherrschung der Natur durch den Menschen in Beziehung gebracht,<br />

wobei die Natur letztlich die Unantastbare bleibt. Nach Kant kann der Mensch sich ihr<br />

gegenüber als Naturwesen nur ohnmächtig empfinden, ist ihr aber als Vernunftwesen<br />

überlegen. Im Laufe der Geschichte hat man für sie verschiedene Unterscheidungen und<br />

Definitionen gefunden. Die heutige Bedeutung des Erhabenen in der Ästhetik ist in dem<br />

Umstand begründet, dass man heute der Kunst die Aufgabe zuweist, das Unsagbare<br />

darzustellen. Es wird damit zu einem blitzartig aufleuchtenden Grenzergebnis zwischen<br />

Empirie und Transzendenz und zu einem kommunikativen Konfliktergebnis, das mangels<br />

rationaler Erklärungsmöglichkeiten in der Kunst nichtverbal gelöst wird. Im Alltagsleben<br />

verstehen wir darunter die Betrachtung von etwas Gewaltigem aus einer sicheren Distanz.<br />

Über das Erhabene werden wir von einer naturbezogenen Größe angemutet, die zugleich vom<br />

Schönen begleitet wird. Sie weckt in uns ein Gefühl der Ehrfurcht gegenüber der Natur (in der<br />

literarischen Theorie auch ein Gefühl des Schreckens). Schon in der antiken Tragödie stand es<br />

für das Erschütternde. Nach Kant ist ein Objekt erhaben, „was über alle Vergleichung groß<br />

ist“, nach Schiller ist es etwas, was uns von der sinnlichen Welt befreit (während uns das<br />

Schöne an sie bindet). Eine solche Trennung von Erhabenen und Schönen (die eine große<br />

Empfindungsperspektive öffnet) ist nur in der europäischen Denktradition bekannt, der<br />

östlichen Philosophie ist sie fremd.<br />

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