25.10.2013 Aufrufe

Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

- Gestaltung (und dort vor allem durch die Selbsteinbringung).<br />

Wenn man davon ausgehen muss, dass die Natur das existentielle Umfeld des Menschen<br />

darstellt, er ohne sie nicht bestehen kann, und wenn man weiter davon ausgehen kann, dass in<br />

keinem anderen Lebensbereich er sich so intensiv gestalterisch nicht nur einbringen kann,<br />

sondern es auch tut, dann muss man die Gartengestaltung ihrer Bedeutung für den Menschen<br />

wegen, in unserer Zivilisation als die bedeutendste, weil ihn ganzheitlich fordernde<br />

Kunstdisziplin ansehen.<br />

Auf den einfachsten Nenner gebracht, ist die Gartenkunst „Lebenswelt-Gestaltung“ des<br />

Menschen, Naturgestaltung, d.h. die Gestaltung seiner existentiellen Lebensbereichsvorgabe.<br />

Hier arbeitet er als Gestalter nicht mit einem ihrer Teilbereiche, wie z.B. der Bildhauer mit<br />

einem Stein, der Maler mit seinen Farben oder der Musiker mit den Tönen, sondern er steht<br />

ihr gestalterisch in ihrer Gesamtheit gegenüber. Dabei ist die Pflanze nur eines seiner<br />

Gestaltungselemente, wenn auch ein wesentliches, da er weitgehend über sie seine Räume<br />

schafft und Sinneserlebnisse setzt. Sein Wissen über sein Arbeitsmaterial muss viel<br />

umfangreicher sein als das eines jeden anderen Künstlers (allein die vielen Pflanzenarten mit<br />

ihren oft Tausenden Sorten. Seine Beziehung zu seinen Gestaltungsmitteln ist viel komplexer<br />

als das jedes anderen Künstlers. Er verkörpert die Natur symbolisch in einem Garten über die<br />

vier Elemente Erde, Wasser, Himmel und Feuer, die Pflanzen, die Gestaltung des Ortes.<br />

Auf diese Weise wird der Garten zum Spiegelbild unseres Selbstverständnisses von unserem<br />

Dasein in der Welt, das Ergebnis unseres diffusen, ganzheitlichen, oft als Mangelerlebnis<br />

empfundenen Naturbezuges und unseres Nachdenkens über uns selbst. Nur über die Natur<br />

können wir den unendlichen Formenreichtum unserer Welt erfahren, unsere Ursprünglichkeit<br />

und ihre unendliche Weite (in einem kleinen Raum erlebt als Tiefe).<br />

Wir können die Sätze Goethes über die Natur auch auf einen Garten beziehen:<br />

„Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen<br />

- unvermögend aus ihr herauszutreten,<br />

und unvermögend tiefer in sie hineinzukommen.<br />

Ungebeten und ungewarnt nimmt sie uns in den Kreislauf<br />

ihres Tanzes auf<br />

und treibt sich mit uns fort,<br />

bis wir ermüdet sind<br />

und ihrem Arm entfallen“ (Tobler-Fragment).<br />

Die „dritte“ und „vierte“ Natur<br />

Einst galten die Gärten als die „dritte“ Natur, als Verwandte der Kunst, als eine ästhetisch<br />

überformte Natur. Den Künstlern hat man in der Renaissance die Aufgabe zugesprochen, die<br />

Natur nachzuahmen und zu interpretieren. Wie für die damalige Dichtkunst und Malerei galt<br />

dies auch für die Gartenkunst. Und Bonfadio (1508 –1550, italienischer Humanist) nannte<br />

deshalb ihr Ergebnis „terza natura“, die „dritte Natur“. Er bezog sich mit diesem Gedanken<br />

auf Ciceros „alteram Naturam“, der damit eine durch die menschliche Tätigkeit (damals mit<br />

der Hand) umgestaltete Natur, die „zweite Natur“ verstand (im Gegensatz zur heutigen<br />

großräumigen, maschinellen Einflussnahme wurde die Landschaft in früheren Zeiten durch<br />

die menschliche Arbeitskraft und damit nach einem „menschlichen Maß“ geformt). Bei<br />

Bonfadio ging die Natur im Garten mit der Kunst eine Symbiose ein. Ihr Ergebnis zielte auf<br />

eine Wiederherstellung des Goldenen Zeitalters, der irdischen Paradieses.<br />

146

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!