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Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

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eine ständige Ausdehnung des Berufsfeldes bis hin zu seiner heutigen Unverbindlichkeit. Der<br />

Berufsinhalt des ehemaligen Gartenkünstlers blieb dabei weitgehend auf der Strecke.<br />

Berufsvertreter, die sich heute in diesen Bereichen betätigen, sind eigentlich auch nur<br />

Autodidakten wie jeder andere Gartenliebhaber (wie dies auch Kienast von sich behauptete).<br />

Die Verlagerung der Studiengänge von der Kunst zur Technik erfolgte kurz nach dem 1.<br />

Weltkrieg. Ab 1919 durften sich die Absolventen der Höheren Lehranstalt in Dahlem<br />

„Gartenbautechniker“ nennen und 1929 wurde ein erster Studiengang für „Diplomgärtner“ an<br />

der damaligen Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin institutionalisiert (unter Erwin<br />

Barth). Die Ausweitung der Berufsausbildung auf eine breitere Basis (technische, biologische<br />

und soziologische) hatte das Ziel, ihren Absolventen eine breitere Existenzmöglichkeit zu<br />

schaffen. Man hatte erkannt, dass die eines Nur-Künstlers für eine größere Studentenzahl zu<br />

schmal sein würde. Für die Ausbildung zum „Garten-Künstler“ empfahl Barth einen anderen<br />

Weg:<br />

„Für die selbständigen Gartenarchitekten ist die hochschulmäßige Ausbildung von<br />

geringer Bedeutung. Es kann hier unter Umständen zweckmäßiger sein, wenn sie nach<br />

dem Besuch einer mittleren Lehranstalt eine Kunsthochschule besuchen oder in dem<br />

Meisteratelier eines hervorragenden selbständigen Gartenarchitekten tätig sind“.<br />

Diese Meinung haben viele Gartenarchitekten noch vor 50 Jahren vertreten (z.B. Mattern<br />

gegenüber dem Autor. Er schickte ihn nach seiner Ausbildung in Osnabrück zu Kühn in<br />

Köln).<br />

Der Jugendstil und der Expressionismus waren noch erkennbar voll von Gedanken der<br />

Lebensreformer durchdrungen. Sie verstanden die Kunst noch im Sinne eines Lebens-<br />

Gesamtkunstwerkes. Der Einfluss der industriellen Produktion erzwang dann aber eine<br />

vollständige Rationalisierung der technischen Herstellungsverfahren. Die<br />

Auseinandersetzungen dazu wurden bereits 1914 im „Deutschen Werkbund“ zwischen<br />

Muthesius und Van de Velde ausgetragen. Die Stijl-Konstruktivisten und das Bauhaus<br />

schufen dann eine Moderne in der allein die Form bestimmend wurde. Die nachfolgende<br />

industrielle Massenproduktion begann dann die Menschen selber zu verändern, ohne ihre<br />

phylogenetischen Vorgaben mitnehmen zu können. In den äußeren Lebensbedingungen zwar<br />

wohlhabender geworden, wurde der Mensch in seinem Inneren jetzt aus seinem<br />

Gleichgewicht gebracht.<br />

Vielleicht bleibt für den Menschen heute als einzige Möglichkeit psychisch und physisch zu<br />

gesunden nur der sinnliche und körperliche Kontakt mit der Natur. Damit kehren wir zu<br />

einem Anfangsgedanken der Lebensreformer zurück. In unserer ästhetizierenden Kulturwelt<br />

bietet sich dafür allein der Garten an. Der einzelne Mensch kann sie hier elementar körperlich<br />

erfahren. Dabei liegt deren Erfahrung nicht so sehr beim Auge, sondern verstärkt beim Duft<br />

und Gefühl. Die Sehnsucht nach einem Garten entspricht dann dem Wunsch nach einem<br />

Erleben und Ausleben dieser sinnlichen Erfahrungen, nach einer Einheit mit der Natur im<br />

Sinne einer Entdifferenzierung, einer Sehnsucht nach einer ganzheitlichen Verbindung mit<br />

ihr.<br />

Der Lebensreformgarten wird zu einem Garten für das Ich, zu einem Garten, in dem man mit<br />

seinen tiefsten Bedürfnissen authentisch sein kann. Als Kunstwerk wird er zu einer großen<br />

Möglichkeit für den einzelnen, die ein zweiter als Erfahrung nur in seinem Kopf<br />

nachvollziehen kann. Es gibt kaum ein anderes Objekt, das eine größere Möglichkeit der<br />

Selbstverwirklichung bietet als ein Garten.<br />

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