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Buch downloaden (.pdf, ca. 4.1 MB) - Bert Beitmann

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möglichst nachvollziehen können sollte, denn nur dann kann er ihm kommunikationsmäßig<br />

gerecht werden. Die Größe eines Ortes spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. (so ist man<br />

erstaunt, wie klein die beschriebenen Gärten im 2. Band der „Gärtner von Eden“ sind: Die<br />

Gärten für Ästheten besitzen durchschnittlich nur 540 qm; 5 Gärten sind sogar kleiner als 100<br />

qm). Entscheidend für seine Erfassung ist allein die Intensität des Eingehens, des sich<br />

Einlassens. Erst dann kann man einem Ort gerecht werden, erst dann aus dem persönlichen<br />

Gefühl heraus seine Eigenschaften verstärkt herausstellen.<br />

Am leichtesten ist ein Geschichtsbezug zu erfassen. In der Regel weisen Relikte bereits auf<br />

eine Vergangenheit hin. Diese müssen dann nur herausgestellt und zu anderen Inhalten in<br />

Beziehung gesetzt werden (z.B. durch Blickachsen). Die Aufgabe ist dann, über Mittel und<br />

Formen, die Inhalte für eine Kommunikation ins Wahrnehmungsinteresse der Zuschauer zu<br />

rücken. Damit treten dann der Gartenschöpfer und der Gartenbetrachter in einem dritten<br />

Schritt in eine Beziehung. Die besondere Bedeutung des Ortes, der Gestalter und der<br />

Zuschauer werden zu einer kulturellen Einheit. In keiner anderen Kunstdisziplin gibt es eine<br />

derartige archaische Verbindung. Man kann den historischen Garten mit seinem<br />

Paradiesbezug zwar als anachronistisch ansehen, verkennt dann aber die phylogenetischen<br />

Bindungen des Menschen. Aus einer solchen Perspektive ist auch der Mensch ein<br />

anachronistisches Gebilde. Man kann ihn zwar leicht auffordern, die Welt anders zu sehen,<br />

die überregionalen Knotenpunkte der „Nicht-Orte“, die ausufernden Städte, viele Ergebnisse<br />

unserer Zivilisation, doch diese neuen Wahrnehmungsforderungen widersprechen seinen<br />

biologischen Vorgaben . Der Mensch sucht zunächst nur einen Ort, den er als angenehm<br />

empfindet (dabei muss dieser nicht aufwendig oder teuer ausgestattet sein).<br />

Mit einem Ort verbunden sind Spuren und Erinnerungen. Gestaltet wird er zu einem Ergebnis<br />

einer Neuinterpretation. Jeder Ort besitzt etwas Einmaliges, Einzigartiges, das sich aus seinen<br />

verschiedenen, oft überlagerten, inhaltlichen Ebenen ergibt. Dazu gehören auch seine<br />

Geschichtsbezüge. Selbst ein gewöhnlicher, alltäglicher Ort kann so zu etwas Besonderem<br />

werden. Entscheidend ist, ihm einen lesbaren Empfindungsbezug zu geben - d.h., einen<br />

vorhandenen herauszuheben oder durch einen neuen zu bereichern. Durch diese Lesbarkeit<br />

erhält er dann für den Betrachter seine Bedeutung. Bei einem minimalen, minimalistischen<br />

Eingriff geht es nur darum, dass in ihm enthaltene Unsichtbare sichtbar zu machen (dem heute<br />

weitgehend vergessenen Gartenarchitekten Hermann Birgikt (Düsseldorf)) wurde diese<br />

Fähigkeit besonders zugesprochen (dem Autor ist unbekannt, weshalb er heute<br />

totgeschwiegen wird. In den 50er Jahren galt er als einer der besten deutschen Gestalter).<br />

In der Regel analysieren wir einen Ort nur rational nach seinen „objektiven“ Kriterien, die wir<br />

beim Einbau der neuen Funktionen zu berücksichtigen haben. Wir beschränken uns auf diese<br />

Ebene. In der Praxis bewerten wir sie dann nach ihren Qualitäten wie Form,<br />

Nutzungsmöglichhkeiten und evtl. noch der möglichen emotionalen Bedürfnisbefriedigung<br />

(Blumen, Duft, u.ä.). Für die Erfassung der Identität eines Ortes ist dies aber zu wenig. Es<br />

müssen dafür noch die anderen sinnlichen und kulturellen Ebenen hinzukommen. Erst dann<br />

und in ihrer Einheit kann ein Garten zu einem Kunstwerk werden.<br />

Jede Bedeutung eines Ortes baut zunächst auf einen subjektiven Bezug, die individuellen<br />

Möglichkeiten ihn zu sehen, sei es durch die persönliche Wahrnehmungsbreite oder seine<br />

Prägungen, d.h. seine Geschichte. Gestaltend baut man in ihm seine eigenen Setzungen und<br />

schafft dadurch neue zusätzliche Bedeutungsebenen, die der Betrachter wahrnehmungsmäßig<br />

abrufen und zu sich in eine Beziehung setzen kann. Dadurch wird der Ort zu einem<br />

besonderen Ort, zu einem Garten, zu einem Kunstwerk mit seiner eigenen Dynamik. Der<br />

Garten wird zu einem Ort, einer Grenzlinie von Natur und Kultur, die sich ständig verändert.<br />

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