25.12.2013 Aufrufe

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

90<br />

In den Wirtschaftswissenschaften und im überwiegenden Teil der wirtschaftlichen<br />

Praxis ist darüber hinaus im Rahmen des funktionalen Weltbildes<br />

kaum nennenswertes Bewußtsein dafür sichtbar, daß durch das Geld<br />

Aspekte und Tiefendimensionen wirken, die durch funktional-rationale<br />

Begriffe weder angemessen zu beschreiben, geschweige denn zu handhaben<br />

sind 248 . Bernard A. Lietaer ist als Ausnahme anzusprechen. In seinen<br />

Monographien «Mysterium Geld – emotionale Bedeutung und Wirkungsweise<br />

eines Tabus» und «Das Geld der Zukunft» bearbeitet er das<br />

Phänomen Geld aus der Sicht eines hochrangigen Insiders und Gestalters<br />

der Geldmärkte mit Hilfe von Grundmustern archetypischer Psychologie in<br />

der Tradition von C.G. Jung und durch asiatische Zugänge zu den<br />

Polaritäten, zwischen denen sich menschliche Realität entfaltet. Er gibt nach<br />

meiner Einschätzung wesentliche Beschreibungen und Deutungen des<br />

Phänomens Geld und entwickelt daraus Vorschläge für eine<br />

Weiterentwicklung des Geldes mit deutlich volkswirtschaftlicher und<br />

geistig-kultureller Perspektive. Der hier gewählte Zugang zum Geld ist<br />

überwiegend einzelwirtschaftlich und ebenfalls geistig-kulturell. 249<br />

Beschränkt man sich bei der Betrachtung und im Umgang mit Geld auf<br />

Funktionalität, ist das jedoch weder im wissenschaftlichen Sinne noch<br />

praktisch beschränkt rational, sondern in gewisser Weise einfach nur<br />

beschränkt mit irrationalen Konsequenzen. 250<br />

248 Paul Samuelson bezeichnet Geld als »Lebenssaft« des Wirtschaftssystems, ohne der Bedeutung<br />

dieser mit dem Blut verbundenen Metapher nachzugehen. (Vgl. Samuelson 1987, S. 101.) Er<br />

erhielt 1970 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften »Für wissenschaftliche Arbeiten,<br />

durch welche er eine statische und dynamische wirtschaftliche Theorie entwickelte und aktiv zur<br />

Hebung des Niveaus der Analyse der Wirtschaftswissenschaften beitrug.« (Vgl. Wikipedia.org<br />

2004a, S. 1)<br />

249 Vgl. Lietaer 1999; Lietaer 2000.<br />

250 Zur Illustration, wie beschränkt Rationalität sein kann, genügt ein typisches Beispiel für<br />

"rationale Geldanlage". Mit dem üblichen, als wissenschaftlich vermarkteten Brimborium, wurde<br />

eine „neue“ Anlagestrategie im Handelsblatt angepriesen: Die Momentumstrategie. Das alleinige<br />

Ziel ist es danach, eine Rendite zu erzielen, die die Durchschnittsrendite von repräsentativen<br />

Portfolios (z.B. Dax bzw. Mdax-Portfolios) übertrifft. Die Verhaltensstrategie ist folgerichtig der<br />

zeitversetzte Kauf bzw. Verkauf von allein am Renditeverlauf gemessener »Sieger-« bzw.<br />

»Verliererportfolios«. (Vgl. Handelsblatt Nr. 39 1999, S. 35.) Qualitativ neu ist eine solche<br />

Strategie nicht: Es geht wie üblich um die alleinige Ausrichtung des Verhaltens an dem Modell,<br />

hinter dem man unter Berücksichtigung von Risikoeinschätzungen und Risikobereitschaft die<br />

Möglichkeit einer praktischen Geldbestandsoptimierung in einem beschränkten Zeithorizont<br />

vermutet.<br />

Bankberatungsleistungen werden im «manager magazin» nach im Prinzip gleichen Kriterien wie<br />

im Handelsblatt »wissenschaftlich« analysiert und bewertet. Es werden »Muster-Portefeuilles«<br />

nach dem Rendite-Risiko-Modell von Harry Markowitz bewertet, das 1990 mit dem Nobelpreis<br />

für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurde. (Vgl. Hetzer et al. 2000, S. 184.)<br />

Wissenschaft, die dermaßen einseitig funktionalisiert und pragmatisch sinnentleert wird, wird<br />

zum modernen Pendant mittelalterlicher Ablaßhandlungen. Diese modernisierten Ablässe (man<br />

zahlt hohe Gebühren an Menschen, die die Geldanlagen vieler Menschen professionell und<br />

zwanghaft auf Geld fixiert zusammenfassen) sind eine ritualisierte Abwälzung sachlicher und<br />

menschlicher Verantwortungen auf die Fetische Geld und Wissenschaft. Der Begriff<br />

„beschränkt“ meint also völlige Beschränktheit auf Geld und die Abwehr jeglichen Inhaltes und<br />

Sinnes.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!