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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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analog, da beide Informationen verarbeiten, umwandeln, speichern und<br />

weiterverarbeiten.«<br />

Hier liegt ein nicht nur im Fall von anspruchsvoller Wissenschaft weitverbreiteter<br />

und tiefgreifender Mißgriff im Umgang mit Statistik im allgemeinen<br />

und Korrelationen im besonderen vor. Der Statistik-Professor Walter<br />

Krämer konstatiert mit Recht in bezug auf die statistische Korrelation und<br />

ihre Anwendungen: »...[es] spannt sich ein weiter Bogen eines falsch<br />

verstandenen bzw. absichtlich mißbrauchten Korrelationsbegriffs.« 804<br />

Entscheidend für die Bewertung „falsch verstanden“ im Hinblick auf den<br />

Korrelationsbegriff ist, daß bei statistischen Korrelationen das Sichgegenseitig-Bedingen<br />

der gemessenen Variablen häufig auch bei statistisch<br />

»hochsignifikant« belegten Zusammenhängen sachlich nicht vorliegt 805 . In<br />

804 Krämer 1994, S. 137.<br />

805 Der Statistikprofessor Walter Krämer hat ein ganzes Buch zum Thema veröffentlicht: «So lügt<br />

man mit Statistik». Er berücksichtigt dabei keine Fälle gefälschter Statistiken, sondern nur Fälle<br />

wie mangelnden Sachbezug, vorsätzliche oder fahrlässige Fehlinterpretationen und<br />

»Nonsenskorrelationen« wegen übersehener »Hintergrundvariablen«. Übersehene<br />

»Hintergrundvariablen produzieren Nonsenskorrelationen zuhauf. Angefangen bei den<br />

Klapperstörchen, deren Zahl hoch positiv mit den bundesdeutschen Geburten korreliert, […] bis<br />

zu Ausländeranteil und Kriminalität spannt sich ein weiter Bogen eines falsch verstandenen bzw.<br />

absichtlich mißbrauchten Korrelationsbegriffs. Bei den Geburten und den Klapperstörchen macht<br />

das weiter nichts. Zwar sind diese tatsächlich in manchen Gegenden eng korreliert, aber trotzdem<br />

glaubt niemand, daß der Storch die Kinder bringt.« (Vgl. Krämer 2003, S. 168 ff.)<br />

Ein krasses und für Organisationen wichtiges Beispiel der Fehldeutung und Fehlhandhabung von<br />

Korrelationen und aus ihnen abgeleiteten Methoden kannte Krämer noch nicht, da es jüngeren<br />

Datums als sein Buch ist. Grabowski schreibt in der deutschen Ausgabe des «Scientific<br />

American» «Spektrum der Wissenschaft» über psychologische Strukturmodelle, die u.a. für<br />

Intelligenztests und psychologische Eingangstests in Organisationen verwendet werden. (Der hier<br />

bearbeitete Text von Grabowski ist eine Beschreibung und Bewertung des<br />

differentialpsychologischen Ansatzes; vgl. Asanger et al. 1999, S. 316.) Er beschreibt und<br />

bewertet die typischen formalen Grundlagen solcher analytischer Tests. Zur Anwendung der<br />

Faktorenanalyse in diesem Zusammenhang schreibt Grabowski: »Das Verfahren ist insofern<br />

objektiv, als es seinem Anwender keine Interpretationsfreiheit läßt.« (Grabowski 1999, S. 36)<br />

Und »Zwei voneinander unabhängige Größen haben einen Korrelationskoeffizienten von 0.«<br />

(Korrelationsberechnungen sind der Basisalgorithmus der Faktorenanalyse.) Beide Aussagen von<br />

Grabowski sind falsch. Die Interpretationsspielräume in jeder Faktorenanalyse sind in mehreren<br />

Schritten erheblich bis hin zur faktischen Manipulierungsmöglichkeit von Ergebnissen und zwar<br />

ohne gleich Daten oder Berechnungen zu fälschen. Ohne kreative Interpretationen und subjektive<br />

Wahlentscheidungen ist die Anwendung einer Faktorenanalyse nicht möglich. (Vgl. Backhaus et<br />

al. 2003, 262 ff., S. 269 ff., S. 273 f., S. 295 f., S. 305 ff.) Ein Korrelationskoeffizient von 0 sagt<br />

nichts darüber aus, ob zwei Größen voneinander unabhängig sind, sondern nur, daß sie linear<br />

unabhängig sind. Daraus folgt, daß auch bei einer solchen Größe jede andere Form der<br />

Abhängigkeit in jedem beliebigen Ausmaß vorliegen kann, solange sie nur nicht-linear und<br />

mathematisch abzubilden ist. (Vgl. Bamberg et al. 1993, S. 37 f.; Kraft et al. 1992, S. 28 ff.)<br />

Grabowski unterschätzt und mißdeutet darüber hinaus das Wirken individueller geistig-seelischer<br />

Grundhaltungen auf formale Modelle. »Faktorenanalyse ist die mathematische Verfeinerung<br />

dieses Entdeckens von Zusammenhängen aus Erfahrung. Sie ist schon deshalb geboten, weil<br />

unser Alltagsverstand nur allzuleicht der Fehlbewertung einzelner Erfahrungen zum Opfer fällt.«<br />

(Grabowski 1999, S. 36) Insgesamt könne man nicht sagen, »daß die Psychologie eine „weiche“<br />

Wissenschaft sei. Vielmehr reiht sie sich gerade auch bei der Intelligenzforschung in die<br />

„exakten“ Natur- und Erfahrungswissenschaften ein.« (Grabowski 1999, S. 36) Es handelt sich<br />

bei der Faktorenanalyse eben nicht um das Ersetzen des subjektiven Alltagsverstandes durch ein<br />

einigermaßen objektives formales Verfahren. Vielmehr handelt es sich um eine formale<br />

Strukturierungs- und Stabilisierungshilfe für den nach wie vor vorhandenen und mit Grabowskis<br />

Haltung maskierten Alltagsverstand. Sinnvolle Faktorenanalysen brauchen nicht nur einen klaren<br />

Alltagsverstand und offene Wahrnehmungsfähigkeit, sondern darüber hinaus ein Wissen um die

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