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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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individualitätsgerechten blinden Flecken und Stärken, Licht und<br />

Schatten. 1484<br />

Organisationales Bewußtsein kann hier abschließend und zugleich weiterhin<br />

vorläufig als ein Werdendes angeschaut werden, in dem eine Vierheit<br />

ineinander wirkt. Die Aspekte und Ebenen von Bewußtsein sind dabei<br />

ineinander verwoben und auf allen Ebenen von Bewußtheit und Ausblendung<br />

zugleich betroffen und durch diese Eigenschaften ausgedrückt. Sie<br />

entwickeln sich als Einheit. 1485 Organisationales Bewußtsein schließt ein:<br />

1484 Die Ideen, die in diesen Überlegungen deutlich werden, sind nicht „auf meinem Mist<br />

gewachsen“. Sie sind in unterschiedlicher Gestalt und Gewichtung Kernaussage von<br />

Weisheitssystemen und Religionslehren aller Himmelsrichtungen. Die Stichworte Schicksal,<br />

Karma und die Übereinstimmung von „Innen“ und „Außen“, von „Oben“ und „Unten“ mögen zur<br />

Illustration an dieser Stelle ausreichen. In meinem Literaturverzeichnis findet sich einige<br />

Literatur, die eine Vertiefung dazu ermöglicht. Als in der westlichen Geistesgeschichte<br />

verwurzelte Literatur, die zu diesem Thema Vertiefendes bietet, kann auf Werke von B.C.J.<br />

Lievegoed und Gerhard Wehr hingewiesen werden (Vgl. Lievegoed 2001; Wehr 1979.).<br />

Menschen, die wie ich zunächst in rationaler Hinsicht durchgebildet sind, sind naturgemäß häufig<br />

Anfänger in diesem Feld. Der Beginn einer realistischeren Selbsteinschätzung und Weltsicht<br />

besteht dann darin, wahrzunehmen, anzunehmen und praktisch zuzulassen, daß nicht alles<br />

machbar, steuerbar und kontrollierbar ist, sondern daß jeder und jedes Teil eines größeren Ganzen<br />

mit eigener Dynamik und Würde ist. Es gilt ebenfalls, eine dynamische Balance zu finden<br />

zwischen falschen Allmachtsphantasien einerseits und ebenso falscher Schicksalsergebenheit und<br />

passivem Fatalismus andererseits. Seinen eigenen Platz neu und bewußt zu finden, kann wohl nur<br />

in der Mitte zwischen diesen Extremen gelingen. „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es<br />

hinaus“ ist als volkstümlich geläufige Aussage genauso richtig, wie zu berücksichtigen ist, daß<br />

nicht nur das „Wie“ des Rufens, sondern auch das „Wer“ und das „Wann“ des Hineinrufens das<br />

„Wie“, das „Wer“ und das „Wann“ des Hinausschallens bestimmen. Für Menschen und<br />

Organisationen gleichermaßen gilt daher, daß die Qualität jeder Entwicklung sich als Harmonie<br />

wie als Disharmonie immer sinnvoll zusammenfügen.<br />

In organisationsnaher Literatur werden die so skizzierten Qualitäten von Begegnung naturgemäß<br />

meist nicht gesehen oder thematisiert werden können, solange der funktionale und rationale<br />

Standpunkt das Denken und das bewußt wahrgenommene Geschehen dominieren. Wenn diese<br />

Prozeßqualitäten ausnahmsweise doch deutlich werden, dann in eher behutsam andeutender<br />

Weise, wie es aus verschiedenen Gründen wohl nicht nur für mich selbst angemessen ist.<br />

Beispiele dafür sind die Besprechungen von Glasl zu dem, was man in Konfliktprozessen tun<br />

kann, wenn Selbst- und Fremdwahrnehmung dermaßen gestört sind, daß Freund-Feind-Schemata<br />

oder gar Engel-Teufel-Zuschreibungen auftreten. Es reichen dann analytisch-rationale Methoden<br />

an wesentliche Qualitäten der zwischenmenschlichen Prozesse nicht mehr heran, z.B. wenn es<br />

darum geht, den „Kampf mit dem Drachen“ in sich selbst hinein zu bekommen, statt ihn am<br />

äußeren Feindbild gegeneinander in destruktiver und im Extremfall zerstörerischer Weise<br />

auszuleben. (Vgl. Glasl 1997, S. 279 ff.; 298; Glasl 1998, S. 181 ff.) In den Gesamtbildern, die<br />

Glasl von Konfliktprozessen entwirft und zu selbstverantworteten und durch Beratung begleiteten<br />

Möglichkeiten von Klärungs- und Heilungsprozessen von Konflikten beschreibt, wird für mich<br />

diese Tatsache insgesamt deutlich. (Vgl. Glasl 1997, Glasl 1998.) Das Modell der<br />

Organisationsentwicklung von Lievegoed und Glasl bezieht ebenfalls die nicht-funktionalen<br />

Aspekte von Organisationsentwicklung praktikabel ein. (Vgl. Glasl et al. 1996.)<br />

1485 Das Denken, Fühlen und Wollen der Menschen in der Organisation nennt Pullig den »primären<br />

inneren Faktor«. Dieser sei die primäre Quelle der organisatorischen Antworten auf äußere<br />

Gegebenheiten. Das Denken, Fühlen und Wollen der Menschen führt in »formalen und<br />

informellen Kommunikations- und Entscheidungsprozessen« unter Hereinnahme der äußeren<br />

Entwicklungen zu organisatorischen Strukturen und Prozessen, die mit Pullig als der »sekundäre<br />

innere Faktor« benannt werden können. (Vgl. Pullig 2000, S. 5 ff.) Der innere Faktor einer<br />

Organisation ist damit für mich noch nicht vollständig. Das, was ich hier versucht habe, mit<br />

„organisationalem Bewußtsein“ – es handelt sich um den häufig beschworenen, aber eher selten<br />

gesehenen „Geist des Hauses“… – beschreibbar und wahrnehmbar zu machen, gehört zu diesem<br />

inneren Faktor. Es hat nicht nur einen erheblichen Einfluß auf das Denken, Fühlen und Wollen<br />

der Menschen in der Organisation, wie auch umgekehrt. Organisationales und individuelles<br />

Bewußtsein entwickeln sich im tänzerisch-rhythmischen Spiel von Individualität und<br />

gemeinsamer Entwicklung aneinander und miteinander.

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