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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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wichtigen Herausforderungen von Umweltschutz, Bildungswesen und<br />

sozialer Sicherheit seien nicht Sache von Unternehmen. 411 Es ist klar: Schon<br />

indem Unternehmensvertreter Druck auf die Gesetzgebung ausüben, zeigt<br />

sich die volle Verantwortlichkeit unternehmerischen Tuns. Es ist weit mehr<br />

als nur mangelnde Integrität, sich so aus der Verantwortung zu stehlen, wie<br />

es Alfred Rappaport propagiert.<br />

Zeitgleich mit dem Überhandnehmen dieser Art des Denkens wird in der<br />

einschlägigen Wirtschaftspresse von einer deutlichen Zunahme unterschiedlichster<br />

Formen von Wirtschaftskriminalität auf allen Ebenen von Organisationen<br />

berichtet. Die beobachteten Phänomene fangen mit teilweise<br />

milliardenschwerer Bilanzfälschung von Technologieunternehmen und auch<br />

von Top-Adressen der amerikanischen Wirtschaft unter Druck von Analysten<br />

an und hören mit Industriespionage nicht auf. Auch im Bereich<br />

vordergründiger Legalität spielten sich während des Börsenbooms<br />

1999/2000 Dinge ab, die bei näherem Hinsehen weniger mit Seriosität,<br />

Rationalität und Professionalität als mit Geldgier zu tun hatten. 412 In der<br />

«Frankfurter Allgemeinen Zeitung» wurde unter Bezug auf die Schutzgemeinschaft<br />

der Kapitalanleger 2005 im Rückblick gefragt, was die »Börse<br />

ohne Gier« wäre, »vor allem die Gier der Vorstände. […] Und wo Gier ist,<br />

treiben sich zumeist kriminelle Energien in der Nachbarschaft herum«. 77%<br />

der 439 Börsengänge seit 1997 brachten für die Anleger einen Verlust von<br />

mindestens 50%, 25% der Börsengänge endeten mit Totalverlust. 413 All<br />

diese Vorgänge sind zwangsläufig, wenn Beteiligte wie Manager, Fondsmanager,<br />

Analysten, Kleinaktionäre kollektiv und in gemeinsamer Verantwor-<br />

410 Vgl. Rappaport 1999, S. 9.<br />

411 Vgl. Rappaport 1999, S. 6.<br />

412 Wer spottet da eigentlich noch über Wahlfälschungen in der Geschichte sozialistischer Staaten?<br />

Zur Wirtschaftskriminalität vgl. z.B. Wirtschaftswoche Nr. 15, 6.4.2000, S. 190;<br />

Wirtschaftswoche Nr. 13, 23.3.2000, S. 102-106.<br />

Im «manager magazin» 8/2000, S. 144 – 156 bezeichnen Palan et al. eine lange Liste von<br />

Mißerfolgen von Börsengängen im Neuen Markt als Ergebnis der »Anlegerfalle«: Diese kam<br />

durch vorsätzliche Mißachtung von Qualitätsanforderungen durch am Prozeß beteiligte Börsen,<br />

Berater, Konsortialbanken, Fondsgesellschaften und sonstige Dienstleister zustande. »Sorgfältige<br />

Prüfung und Kontrolle der Börsenkandidaten wurden zur Ausnahme«.<br />

»Christoph Mohn ist der Chef der bislang in diesem Jahr erfolglosesten Emission am Neuen<br />

Markt«, der Aktie des Bertelsmann-Tochterunternehmens Lycos. Unter<br />

Marketinggesichtspunkten war diese Emission wie viele andere gleichartig gelagerte Emissionen<br />

ein voller Erfolg. Das Geld für die Unternehmenstätigkeit bezahlen unternehmensfremde<br />

Minderheitseigentümer, die überteuert Aktien erworben haben. Dadurch tragen die Aktionäre den<br />

Hauptteil des unternehmerischen Verlustrisikos, ohne an der Unternehmensführung beteiligt zu<br />

sein. Die Gewinnmöglichkeiten und Gewinnwahrscheinlichkeiten der Anleger sind<br />

verschwindend klein im Vergleich zu denen der emittierenden Unternehmen. Im Gegenteil:<br />

Große Kursverluste haben den finanziellen Wert der Anlagen in diesem Bereich oft erheblich<br />

geschmälert. Das Geld der Anleger bleibt Teil der „Kriegskasse“ der emittierten Unternehmen<br />

und/oder wird Teil des Privatvermögens von Verantwortlichen.<br />

Ein Buch zum Thema stammt von Chr. Elias: «Fleecing the Lambs» (Elias 1971). Den Lämmern,<br />

den (von interessierter Seite möglichst unwissend gehaltenen) Kleinanlegern, »das Fell über die<br />

Ohren ziehen.« (Vgl. Lietaer 2000, S. 124.)<br />

413 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung 2005, S. 20.

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