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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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Es braucht keinen personifizierten Führer, um in Abhängigkeit zu geraten.<br />

Es reicht oft, die Entscheidung über das, was zu tun ist, zugunsten wessen<br />

auch immer abzugeben – an Vorschriften, Maschinen, Programme,<br />

Gewohnheiten oder an andere Menschen. Der Pakt mit dem Bösen lauert<br />

also immer dort und solange man sich weigert hinzusehen, was man tut, mit<br />

welchen Folgen, für wen und für was. Dann ist die Gefahr groß, unwissentlich<br />

Böses zu tun und dennoch für das Nicht-Wissen und das Handeln<br />

verantwortlich zu sein. Schlimmer: der Pakt ist für die meisten von uns<br />

Alltag. Wer ißt nie Eier oder Eiprodukte aus Legebatterien genannten<br />

Hühner-KZs und wer konsumiert nie Kleidung und Nahrung, die in der<br />

Sklaverei ähnlichen Verhältnissen entstanden sind?<br />

13.2.2 Denkexperiment: Konsequenzen der Machbarkeitsethik<br />

13.2.2.1 Inhalte einer modernen Variante der Machbarkeitsethik<br />

Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie Davor Solter<br />

vertrat 1998 in einem Interview mit dem Magazin «Spiegel» die<br />

Auffassung, daß Wissenschaftler unbegrenzte Handlungsfreiheit auch<br />

gegenüber Gesetzen und ethischen Erwägungen erhalten sollten. Aus der<br />

Akzeptierung dieser Ethik würde in einer wissenschaftlich-technischen<br />

Gesellschaft praktisch folgen, daß wirtschaftlich produziert wird, was<br />

technisch machbar ist, und somit in der gleichen Weise die wirtschaftliche<br />

Produktion entgrenzt wird. So gesehen ist Solters Ethik ökonomisch eine<br />

neoliberale Ethik.<br />

Davor Solters Ethik umfaßt folgende Hauptargumente, die teilweise in<br />

suggestiver Rhetorik formuliert sind 1344 :<br />

1. Es sei schwer einzusehen, warum in Deutschland »gewisse Versuche«<br />

verboten sein sollen, die in England und in den USA erlaubt sind. 1345<br />

2. Die Aufregung um die Verwendung von Embryonen als Rohstoff für<br />

die Forschung hält Solter für übertrieben, weil andererseits Abtreibung<br />

im dritten Monat erlaubt sei. 1346<br />

1344 Punkt eins schließt Solter mit der Frage »Sind die Engländer Verbrecher?« (Solter 1998, S. 274)<br />

Realistisch kann kein Volk als Ganzes so verurteilt werden.<br />

1345 Vgl. Solter 1998, S. 274.<br />

1346 Dieses Argument ist auf den ersten Blick berechtigt. Es ist eine Tatsache, daß Abtreibung bis zum<br />

dritten Monat in Deutschland erlaubt ist. Es zeigt sich hier jedoch die Problematik einer<br />

willkürlichen Definition von menschlichen und nicht menschlichen Lebensformen unter<br />

pragmatisch-oberflächlichen biologisch oder genetisch definierten Aspekten der Bedürfnisse von<br />

Erwachsenen. Es ist zu Recht nicht unumstritten, wie von Gesetzes wegen mit Abtreibung<br />

umgegangen werden kann. Dabei werden auch die grundsätzlichen Grenzen gesetzlicher

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