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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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98<br />

Monopoltendenzen und aggressiver Intoleranz gegenüber Abweichendem<br />

sind sie geeignet, die pluralistischen Grundmuster des Denkens und<br />

Handelns freiheitlicher Gesellschaftsordnungen im Zusammenwirken zu<br />

untergraben. 276 In gewisser Weise sind religiöse Texte und Denkformen<br />

daher erheblich besser geeignet, wenn man verstehen will, was sich mit und<br />

rund um das Geld tut, als intellektuelle Analysen. So »tauchen die Götter,<br />

die aus dem Himmel der Religionen verschwunden sind, als Idole des<br />

Marktes wieder auf. […] Die Fetische des Konsums sind nun nicht mehr nur<br />

Vehikel zur Transzendenz, sondern das Heilige selbst. […] Der Kunde geht<br />

vom passiven Konsum zur aktiven Devotion über. Indem man den richtigen<br />

Markenartikel kauft, hat man den magischen Schlüssel zur Welt von Mode<br />

und Lifestyle. Die Welt des Marketing und der Werbung ist heute also nicht<br />

mehr die Welt der Zwecke, Bedürfnisse und Rechnungen, sondern die Welt<br />

der Magie, des Totemismus und des Fetischismus.« 277 Horx et al.<br />

charakterisieren Kulte als Mittel, stärkere Mächte zu beschwören und sich<br />

mit ihnen zu verbünden, negative Kräfte zu bannen und Transformationen<br />

zu vollziehen »ins Totenreich und wieder zurück – oder von einer Entwicklungsstufe<br />

zur nächsten«. Dem Individuum seien Kulte Halt und Orientierung.<br />

Kulte »strukturieren sein Wertesystem.« Horx et al. meinen: »Wo die<br />

Markenkulte herrschen, ist die Zivilisation ein Stück weitergekommen«. 278<br />

ist: Auf der Organisationsebene dominiere ein instrumenteller Rückgriff auf religiöse Symbole<br />

zur selbstbestätigenden Profilierung des Unternehmens und zur Mystifizierung der<br />

Führungspersönlichkeit. (Vgl. Hartmann 1996, S. 262.)<br />

2. Isenberg et al. betrachten »Konsum als Religion« unter der Sichtweise einer<br />

»Wiederverzauberung der Welt«. »Inmitten einer bis zur Sinnlosigkeit aufgeklärten Welt<br />

verspricht das Kultische zugleich Ordnung und Faszination.« „Kult-“waren dienen dazu,<br />

Konsum direkt als Ersatzreligion aufzuladen. (Vgl. Isenberg et al. 2000, S. 10 f.)<br />

3. In einem global agressiv vermarktenden Software-Unternehmen taucht die Bezeichnung<br />

»…Platform Evangelism Division« als Teil der offiziellen Stellenbezeichnung eines<br />

»Technologie-Missionars« auf. Judge bewertet die Bezeichnung als »Beschreibung, die<br />

wunderbar Wortgeklingel, religiösen Eifer und den Eindruck einer massiven paramilitärischen<br />

Organisation miteinander kombiniert«. (Vgl. Judge 2003, S. 20.) In einem großen<br />

Medienunternehmen ist in halböffentlichen Reden von inoffiziellen Rollenzuschreibungen an<br />

Führungspersonal und Eigentümervertreter die Rede, die mit den Bezeichnungen »Allah«,<br />

»Mohammed« und »Seelenfischer« belegt werden. (Vgl. Heijl 1998, S. 4; «Spiegel» 1998d, S.<br />

94.)<br />

4. Die „unsichtbare Hand des Marktes“ ist es in ihrer „verehrungswürdigen“ Allmacht, die den<br />

ersten Kern des Kapitalismus bildet und dem Glauben nach den Weg ins Konsumparadies<br />

weist. Man kann darin ins Profane verwandelten Monotheismus erkennen.<br />

5. Die künstlichen Figuren, die im Internet langfristig menschliche Dienstleistungen übernehmen<br />

sollen, werden Avatare genannt. Der Begriff Avatar kommt aus dem Sanskrit und steht seit<br />

alter Zeit für höhere Wesen, die von Gott gesendete Herabkünfte sind. Im «manager magazin»<br />

werden zwei Hauptfunktionen der „Avatare“ genannt: Aufbau eines persönlichen Kontaktes<br />

zum Kunden und Menschlichkeit als Basis des Informationsaustausches. (Vgl. Dorau 2000, S.<br />

194.) Es handelt sich um die Illusion von Menschlichkeit und persönlichem Kontakt unter<br />

Vermeidung und Verhinderung von persönlichem Kontakt, die da von „Computerpriestern“ zur<br />

Emanation gebracht wird.<br />

6. Wenn man in den Alltag hineinschaut, wird man unschwer Rituale, Symbole und weitere<br />

Phänomene entdecken, die ihren Bedeutungszusammenhang aus dem Religiösen beziehen.<br />

276 Vgl. c`t 1999; Judge 2003, S. 20.<br />

277 Bolz 2000, S. 96 f.<br />

278 Vgl. Horx et al. S. 10 f., S. 15.

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