25.12.2013 Aufrufe

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

123<br />

Die Gier nach Geld steht für die Trennung von den Folgen des eigenen<br />

Handelns durch scheinbare Objektivierung und Rationalisierung. 357 In<br />

diesem Sinne ist es nur „natürlich“, daß Verantwortlichkeit im umfassenden<br />

und ganzheitlichen Sinn in widernatürlicher und unverantwortlicher Weise<br />

auf Ergebnisverantwortung in finanzieller Hinsicht hinuntergeschnitten<br />

wird. So, wie orthodoxe neurowissenschaftliche Theorien die Seele des<br />

Menschen und damit den Kern des Menschen zum biochemischen<br />

Konstrukt wegerklären, „verschwindet“ mit ihr auch die Verantwortung –<br />

um gemeinsam als gehetzt jagende Sucht in vielen alltäglichen und<br />

künstlerisch dargestellten Realitäten wieder zu erscheinen 358 .<br />

Wie dem auch sei. Der so handelnde Mensch will Geld haben, wie das Kind<br />

Nahrung von der Mutter haben will. Dem Kind ist das Haben-Wollen<br />

jedoch angemessen und die angemessen handelnde Mutter schenkt dem<br />

Kind mit dem Anbieten der Mamma – der weiblichen Brust – zugleich<br />

Liebe, Wärme und Nahrung. Es ergibt sich der Zug einer verkorksten<br />

Naturreligion. Mutter Erde war die zu Recht als nahrungsspendend verehrte<br />

„Institution“ vieler Naturreligionen. Die Nähe der Begrifflichkeit von<br />

Mammon und Mamma ist so gesehen Zu-Fall und nicht Zufall. Der feine<br />

Unterschied ist der, daß die geschenkte Mamma das Kind körperlich und<br />

seelisch sättigt, das Geld jedoch, das zum Mammon überhöht wird, macht<br />

im Gegensatz zur wohlverstandenen Mutter Erde nicht satt, sondern<br />

unersättlich und damit süchtig – zu-fällig in einer von männlichen<br />

Verhaltensmustern dominierten Gesellschaft. Das findet seine natürlichen<br />

und künstlichen Ausdrucksformen in körperlicher und geistig-seelischer<br />

Hinsicht. In diesem Sinn kann nach mehr Alkohol, Arbeit, Drogen, Essen,<br />

357 Am Punkt der Trennung des Menschen von dem Geschehenden wird klar: In dieser Weise<br />

wirkendes Geld schiebt sich gleichsam zwischen die Menschen sowie zwischen die Menschen<br />

und deren Produkte (im weitesten Sinn). So verstandenes Geld ist eine Offenbarung des Kosmos<br />

der Aufklärung: Subjekt-Objekt-Spaltung in spezieller Form.<br />

358 Ein Schelm ist, wer hier außer an das Prinzip Regression an die im Begriff Vampirismus<br />

ausgedrückten Qualitäten zu denken beginnt. Dieser beinhaltet eine künstlerische Ausformung<br />

wesentlicher alltäglicher Phänomene im Dunstkreis von Gier und Abhängigkeit. Idiotisch und<br />

möglicherweise auch noch gefährlich wird es, wenn man diese Bemerkungen allzu platt wörtlich<br />

nimmt.<br />

Ich habe zum Thema Vampirismus bisher nur eine erwähnenswerte Monographie in Händen<br />

gehalten: «Vampirismus oder die Sehnsucht nach Unsterblichkeit» von Norbert Borrmann, 1998.<br />

Es gab jedoch schon einige Schelme, die Vampirismus und politisches bzw. ökonomisches<br />

Handeln zusammendachten, z.B. Georg Büchner und Karl Marx – die praktischen Interpreten von<br />

Marx verstanden/verstehen sich ihrerseits (ver-)blendend auf Ausbeutung. (Vgl. Borrmann 1998,<br />

S. 141 ff.) Mitchell bezeichnet passend zum Vampirismus die Grundhaltung des Shareholder<br />

Value Management als »parasitär«. (Vgl. Mitchell 2002.) Der von Mitchell verwendete Begriff<br />

des Parasiten macht deutlich, daß das an dieser Stelle Angedeutete heikel ist und höchst<br />

gefährlich werden kann: Werden Menschen zu Parasiten herabgewürdigt, sind Feindbilder<br />

entstanden, die im Extremfall bis in Gewaltexzesse führen können und in der Geschichte auch<br />

immer wieder dazu geführt haben. Ob Juden, Ausländer, Sozialhilfeempfänger oder ob<br />

irgendwann Machteliten Opfer solcher Exzesse werden, ist für die Grausigkeit der Prozesse<br />

zweitrangig. Gerade wegen ihrer Gefährlichkeit halte ich es jedoch für notwendig, in diese, jedem<br />

eigenen, urmenschlichen Abgründe zu blicken, anstatt irgendwann blind und projizierend<br />

hineinzustolpern.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!