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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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586<br />

Die Abbildung des Menschen als (Rechen-)Maschine und seine Integration<br />

als Teil der Maschinerie in Systeme, die dieses Bild technisch reproduzieren,<br />

läßt den Menschen oberflächlich betrachtet als tote Hülle und Spiegelbild<br />

seines Äußeren zurück. Da die KI-Forschung eng mit den<br />

Neurowissenschaften zusammenhängt, ist diese Entwicklung zwangsläufig<br />

und logisch konsequent. Das Menschliche, das aus technischen Systemen<br />

herausgedrängt wird, verschwindet „nur“ aus dem Bewußtsein und drängt<br />

als Schattenseite des Menschlichen ans Licht. Weil es da ist, äußert sich das<br />

Menschliche. Es hinterläßt als Schatten nicht nur Internet-Junkies. Dann<br />

liegt die Versuchung nahe, den Menschen mit diesen Schattenseiten zu<br />

identifizieren und diese mit mehr Technik, „Rationalität“ und Kontrolle zu<br />

bekämpfen, was den bekämpften Schatten zu stärken droht. Diese Versuchung<br />

schwingt immer mit, wenn der „Störfaktor“ Mensch ausgeschaltet<br />

und nicht die Technik und der Umgang mit ihr umgestaltet werden soll,<br />

wenn sie Menschen sichtbar stört, krank macht und in die innere Kündigung<br />

treibt. Man übersieht dann, daß der Schatten, der sich so äußert, ein<br />

Schatten menschlicher Rationalität ist, der mit „mehr vom Gleichen“ nicht<br />

zu erlösen ist. Man begegnet sich und seinen eigenen Realitäten also auch in<br />

der Realität der Technik und der Mensch (und Gott) verleugnenden Ratio<br />

immer wieder selbst. Es ist daher eine gefährliche Illusion davon<br />

auszugehen, die Verantwortung für Prozesse und Folgen von<br />

Entscheidungen und Handlungen auf automatisierte Systeme abwälzen zu<br />

können oder zu sollen. Automatisierte Systeme wären dann in dieser<br />

Hinsicht nichts anderes, als es anonyme Massen, Sachzwänge und<br />

Machtstrukturen schon oft waren: Versteck und Rückzug vor persönlicher<br />

Verantwortung und ein erneuter Anfang vom Ende von Zivilisation, Kultur<br />

und Menschlichkeit 1391 .<br />

Aus diesen Überlegungen wird die Dringlichkeit klar, die mit den grundsätzlichen<br />

Überlegungen der Herausgeber der Arbeiten Oswald Wieners<br />

verbunden ist. Die absolute Leistungsgrenze des Ansatzes, innere Vorgänge<br />

auf »„flache“ formale Systeme« oder »statistische Verknüpfungen« zu<br />

reduzieren, ist erreicht. Daher ist an Selbstbeobachtung wieder anzuknüpfen.<br />

1392<br />

Das bedeutet, daß die Forschungen zur künstlichen Intelligenz<br />

genauso wie die Neurowissenschaften gerade dann an die Grenzen von<br />

kontemplativen Prozessen führt, wenn man den radikalen Realitätsverlust<br />

1391 Ich glaube nicht, daß nur die wissenschaftlich-technische Kultur das Recht hat, sich Zivilisation<br />

zu nennen. Das hat zweierlei Gründe, die sich gemeinsam nennen und zugegebenermaßen<br />

pauschalisierend beschreiben lassen. Ich bewerte aus anderen Kulturen Kommendes oft als<br />

beeindruckend kultiviert – und den Umgang mit diesen Kulturen von westlicher Seite aus nicht<br />

selten als wenig zivilisiert.<br />

1392 Vgl. Wiener 1996, S. VI (Geleitwort der Herausgeber)

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