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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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drängtes Nicht-Rationales, Nicht-Steuerbares, Nicht-Machbares vorhanden,<br />

das, wenn es gesehen und integriert wird, kräftige Energien freisetzen kann:<br />

1. Überall wo Licht ist, ist auch Schatten; wo Bewußtes ist, ist auch Unbewußtes<br />

und schließlich ohne weitere Vertiefung in diesem Kapitel: Wo<br />

Gutes ist, ist auch Böses. Menschen und Organisationen scheinen heutzutage<br />

oft die Neigung zu haben, diese Ganzheit in zeitlicher Hinsicht<br />

in künstliche Reihenfolgen von vorher – nachher zu bringen und zu<br />

trivialisieren. Neues wird dann zu einfach als fortschrittlich, hilfreich<br />

und zwingend notwendig, Altes ebenso zu einfach als rückständig,<br />

hinderlich, nicht wettbewerbsfähig, zwingend abzuschaffen bewertet<br />

und behandelt. In seinen Vertretern kann Altes dann auch noch<br />

personalisiert als Sündenbock für Fehlentwicklungen herhalten, indem<br />

er/sie z.B. als Mobbingopfer mißbraucht oder als genauso symbolisches<br />

wie verunglücktes Reinigungsopfer entlassen wird 91 . Die darin deutlich<br />

werdenden Extremhaltungen von „Hosianna!“ und „Kreuziget ihn!“<br />

gegenüber Mensch und Methode sind jedoch persönliche<br />

Fehlhaltungen, die zwangsläufig zu vermehrten Fehleinschätzungen und<br />

Fehlentscheidungen führen. Daß es Wandlungsprozesse gibt, die ein<br />

Vielleicht oder „Sowohl-als-Auch“ nicht zulassen, steht auf demselben<br />

Blatt.<br />

2. Die Organismusmetapher der Organisation prägt meine Sicht auf Organisationen<br />

und die mit ihnen verbundenen Menschen. Sie hat wie alles<br />

Menschliche dunkle und helle Seiten. Fehlt die Integration des<br />

Schattens in der Konzeptionalisierung und Anwendung der<br />

Organismusmetapher, kann der Umgang mit ihr böse enden, wie ein<br />

kurzer Blick in die Geschichte des Sozialdarwinismus zeigt.<br />

Organisation als Organismus hat immer dann hohe Projektions-,<br />

Ausgrenzungs- und Vernichtungspotentiale, wenn der Schatten nicht<br />

integriert, sondern in „äußere“ Feinde und Sündenböcke projiziert wird.<br />

Wenn dann noch religiöse Muster offen oder verdeckt hinzutreten und<br />

projizierend pervertiert werden, werden Abgründe real. 92 Vernünftig<br />

91<br />

92<br />

Zur Figur des Sündenbocks vgl. «Das Heilige und die Gewalt» (1987) und «Der Sündenbock»<br />

(1988) von René Girard. Für pragmatische Beschreibungen und Vorschläge zum konstruktiven<br />

Umgang mit Mobbing und Sündenbockphänomenen vgl. Glasl 1998, S. 52 f. sowie Glasl 2004.<br />

Der mir kulturell am nächsten stehende Extremfall realisierter Abgründe der<br />

Organismusmetapher der Organisation ist der deutsche Nationalsozialismus. Im<br />

sozialdarwinistisch angelegten »corpus mysticum« des Nationalsozialismus verstieg sich sein<br />

ideologischer Mitbegründer Alfred Rosenberg dazu, den Glauben an das nordische Blut als neues<br />

die Kirche ablösendes Sakrament des deutschen Volkes zu begreifen. (Vgl. Bärsch 1998, S. 360<br />

f.) Das aus den Begriffen Rasse und Blut abgeleitete Bild vom Volkskörper führt dazu, daß der<br />

Dualismus von Licht und Finsternis in eine Unterteilung von Menschen in von Geburt an gute<br />

und von Geburt an böse erfolgt. (Vgl. Bärsch 1998, S. 355.) Propagandaminister Joseph Goebbels<br />

identifizierte Juden »wortwörtlich mit dem Antichrist«, propagierte eine krude Opfer- und<br />

Erlösungssymbolik ohne sich zu versagen, die christlichen Religionen zugleich zu

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