25.12.2013 Aufrufe

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

71<br />

Wie dem auch sei: Alles Irdische ist endlich, auch der Kapitalismus und das<br />

zugehörige naturwissenschaftlich-technische Weltbild. Ein Ende des real<br />

existierenden Kapitalismus ist so normal, wie das Ende des Sozialismus, des<br />

Merkantilismus, des Feudalismus und aller anderen äußerlichen Lebensgegebenheiten<br />

des Menschen in der Geschichte. Es geht bei der Frage nach<br />

dem Ende des Kapitalismus und der modernen Demokratien also nicht um<br />

die Frage des „Ob?“, sondern „nur“ um die Fragen des „Wann?“, „Wie?“<br />

und „mit welchen Folgen?“. Die Schumpetersche Diagnose, daß im<br />

Kapitalismus ein Selbstzerstörungsmechanismus vorhanden ist, ist also<br />

sachlich nichts Außergewöhnliches, sondern das Feststellen einer Tatsache,<br />

der sich alles Menschengemachte stellen muß. Außergewöhnlich ist, daß<br />

mit Schumpeter ein klassischer Ökonom Sterben und Tod in sein Denken<br />

integriert hat und nicht platt dem allgemeinen Allmachtswahn der westlichen<br />

Zivilisation erlegen ist. Hochmut kommt vor dem Fall sagt der<br />

„Volksmund“.<br />

Laufend sterben auch Organisationen, Managementtheorien und Lebensträume.<br />

Die Diagnosen sind so verbreitet wie lapidar: Managementfehler,<br />

überholt, veraltet. „Alle“ glauben dann bis ins Detail zu wissen, warum das<br />

Neue so gut und die Lösung aller Probleme ist. Leise wird das Alte<br />

unbeachtet begraben und Neues aus der Taufe gehoben. Alfred Kieser<br />

schreibt denn auch (ich glaube mit Berechtigung) von den Moden &<br />

Mythen des Organisierens 203 – die aus einem verdrehten<br />

Unsterblichkeitsbegriff und Allmachtsanspruch gespeist werden und<br />

schließlich in einer nur scheinbaren Beliebigkeit enden. »Selbst die<br />

werden, Instinkte in Weisheit. […] Wenn wir auf unsere Triebe und Instinkte hören, treiben sie<br />

uns zur Krippe, in der das göttliche Kind liegt, […] Wer seine Triebe und Instinkte dagegen<br />

unterdrückt, wer nur aus dem Kopf lebt, weil er vom Kopf aus alles steuern und bestimmen will,<br />

der lebt an seinen Möglichkeiten vorbei, der bleibt sich selbst entfremdet, in dem kann nichts<br />

Neues geboren werden. […] Die Bilder [von] Legenden wollen Dir zeigen, daß alles in Dir und<br />

um Dich herum durch die Menschwerdung Jesu verwandelt werden kann, auch das Harte,<br />

Unbewußte, Erdhafte, Triebhafte. Alles in Dir will neu werden.« (Grün, 1999, S. 77 f.) Abwegig<br />

scheint diese Deutung nicht zu sein: Jesus Christus ritt selbst auf einem Esel nach Jerusalem ein<br />

(Vgl. Matthäus Kapitel 21, Vers 1-10; Johannes Kapitel 12, Vers 12-19; Markus Kapitel 11, Vers<br />

1-11; Lukas Kapitel 19, Vers 28-40) und nach Hedsel bezeichnete der heilige Franziskus seinen<br />

Körper als Bruder Esel. (Vgl. Hedsel et al. 1999, S. 36 f., S. 419.). Wer schon<br />

Konsumgewohnheiten geändert hat, weiß, daß der eigene Körper störrisch wie der<br />

sprichwörtliche Esel sein kann.<br />

Man stelle sich vor, Anselm Grün hätte als Frau in der schwärzesten „Blüte“ der Inquisition<br />

gelebt. Es ist nicht völlig abwegig anzunehmen, daß sie ihr für die zweite Deutung buchstäblich<br />

„Feuer unter´m Hintern“ gemacht hätte. Wenn man heute statt Scheiterhaufen den Einsatz von<br />

lokal begrenzt wirken sollenden Atomwaffen in Betracht zieht, um Andersgläubigen „die Hölle<br />

heiß zu machen“, hat das auch damit zu tun, daß Mensch wieder einmal Gefahr läuft, statt sich<br />

selbst dem Feuer der Läuterung des Geistes durch Selbsterkenntnis zu unterziehen, andere im<br />

physischen Feuer grausig verbrennen zu lassen. Technische Verbesserungen an den<br />

„Feuerzeugen“ zu Massenvernichtungswaffen wenden sich so letztlich auch in schlimmster<br />

Weise gegen ihre Schöpfer selbst. »Wer Wind sät wird Sturm ernten« stand schon im alten<br />

Testament (Hos. Kap. 8, Vers 7). Vor diesen Hintergründen ist es für mich unvorstellbar, daß<br />

man einfach Krieg gegen Terror führen und gewinnen kann.<br />

203 Vgl. Kieser 1996, S. 21–39.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!