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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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Gläubige[r]) bzw. die gewünschte Ware oder Dienstleistung (der Schuldner<br />

[man ist jemandem Geld schuldig, der Schuldige]). Die Bedeutungsnähe<br />

zum Glaubensbekenntnis der christlichen Kirchen, dem »credo« ist<br />

offenkundig. »Credere« bezeichnet jedoch »wohl eigtl. „die magische Kraft<br />

in etwas setzen“«. 287 Die Beschwörungsrituale der Berichterstatter aus den<br />

Börsen passen auch zu dieser Bedeutung. In einer vertiefenden Betrachtung<br />

müßte man sich dann wohl auf Qualitäten einlassen, die mit den Begriffen<br />

„schwarze Magie“ und „weiße Magie“ verbunden sind 288 . Der Bonus<br />

(Gutschrift; bonum: das Gute) und das Damnum (Abschlag; das Schlechte)<br />

zeigen ebenfalls die mit Geld verbundenen religiösen Realitäten.<br />

In einer Titelgeschichte des Magazins «Time» aus dem Jahr 2000 rahmten<br />

der ehemalige und der zukünftige amerikanische Finanzminister den<br />

damaligen Chef der US-Amerikanischen Notenbank Alan Greenspan ein<br />

und wurden zum »Komitee zur Rettung der Welt« ernannt. Mit diesem<br />

Artikel habe Greenspan dem designierten Finanzminister der USA für die<br />

Märkte den »Ritterschlag« erteilt. 289 In religiösen Begriffen ausgedrückt<br />

sind die Finanzminister und der Notenbankchef die Hohen Priester des<br />

Geldes, die Stellvertreter des Geldes auf Erden, die mit Hilfe des „Gottes“<br />

Geld die Geschicke der Welt leiten und zur Rettung der Welt berufen<br />

sind 290 .<br />

287 Menge 1963, S. 141<br />

288 Auf diese ungewohnte Sichtweise kann man sich vorbereiten, indem man sieht, daß<br />

Börsenindizes magische Schwellenwerte aufweisen und daß Geld Machtfetisch sein kann. Man<br />

braucht dann nur noch ein Bild dessen, was eigentlich ein Fetisch im religiösen Zusammenhang<br />

ist.<br />

Magie ist u.a. der Versuch, aktiv naturwissenschaftlich nicht faßbare Kräfte zur Erreichung<br />

bestimmter Ziele rituell so in Anspruch zu nehmen, daß sie zum eigenen Nutzen oder zum<br />

Schaden Fremder wirken. (Vgl. Biedermann 1991, S. 278 ff.) So kann man wesentliche Prozesse<br />

in Geldmärkten auch beschreiben. Daß bei der Zusammenschau von Geld und Magie erhebliche<br />

Umformungen einzubeziehen sind, liegt auf der Hand.<br />

Zu einer kurzen Beschreibung schwarzer und weißer Qualitäten vgl. Borrmann 1998, S. 129 ff.<br />

289 Vgl. Gersemann 2000, S. 29 ff.<br />

290 Für die Hypothese, daß Alan Greenspan in seiner Funktion als Fed-Chef ein moderner Hoher<br />

Priester war, spricht einiges. Wie es auch bei Priestern nicht unüblich ist, hatte das gesprochene<br />

Wort gegenüber der Handlung eine größere Bedeutung. Die stärkeren Reaktionen der<br />

Finanzmärkte auf (Nicht-)Gesprochenes als auf Handlungen sowie die weltweite Fixierung und<br />

gebannte Erwartung von Greenspans Äußerungen sind schon sprichwörtlich. Gersemann stand<br />

mit seiner Einschätzung in der «Wirtschaftswoche», Greenspan sei der mächtigste Mann der<br />

Weltwirtschaft, nicht allein. Schließlich war Greenspans veröffentlichtes Einkommen als Chef<br />

der amerikanischen Zentralbank mit 180100 US-$ Jahresgehalt im Jahr 2005 (vgl.<br />

federalreserve.gov 2005) im Vergleich zu seiner Bedeutung und zu Manager-Gehältern und<br />

Gehältern von Investmentbankern sehr niedrig. So wird die auf den ersten Blick paradoxe<br />

Situation deutlich, daß der »Meister der Kommunikation mit Finanzmärkten und Börsensälen« in<br />

seinem hauptberuflichen Einkommen bemerkenswert bescheiden war, wobei das Prinzip der<br />

Finanzmärkte das exakte Gegenteil von Bescheidenheit ist. Ein Bericht des «manager magazin»<br />

macht das Bild weniger einheitlich. Dort ist Greenspan den »masters of the universe« (den großen<br />

amerikanischen Investmentbanken) »zu Diensten.« (Mir ist die Belegstelle dieses Satzes<br />

abhanden gekommen) Auch das kann Teil der Rolle eines Hohen Priesters sein.<br />

Mit diesen Überlegungen ist nicht gemeint, daß Hohe Priester nicht geldgierig sein können, es<br />

gibt historisch krasse Gegenbeispiele, wie in der Geschichte des römisch-katholischen Papsttums.<br />

Ich bin mir jedoch sicher, daß jemand, der seine Berufung gefunden hat, nur in

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