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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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127<br />

freien Marktwirtschaft im Individuum in sein Gegenteil auf. Der Süchtige<br />

und Zwangsneurotiker ist zutiefst unfrei. 367<br />

Am oben skizzierten Beispiel Frankfurt zeigt sich zudem, daß die unter<br />

Verlust gelebter Weiblichkeit überdrehte Sexualisierung eng mit den im<br />

Schatten von Franfurt a.M. auftauchenden Symbolen von religionsartiger<br />

Anbetung von Macht und Geld zusammenhängt. Irmgard Schultz diagnostiziert<br />

in «Der erregende Mythos vom Geld…», daß sexuelle Versklavung<br />

zunehmend das internationale »Sexbusiness« prägt, »in dessen globalen<br />

Netz Franfurt eine Schlüsselstellung einnimmt.« Hausfrauen und Huren<br />

haben dabei gemeinsam, daß ihre Arbeit vor dem Hintergrund männlich<br />

gedeuteter Politik und Wirtschaft nicht zählt. Gleichwohl ist die Arbeit von<br />

Hausfrauen Existenzbedingung für die tradierte kapitalistische Ökonomie<br />

und gilt die Erwerbsquelle der anderen als ältestes Gewerbe der Welt. 368 In<br />

tradierter Rollentrennung dienen jedoch beide, »Hausfrau und Hure der<br />

Entlastung männlicher Sexualität von weiblichen Triebansprüchen und der<br />

Identifizierung männlicher Potenz mit ökonomischer Potenz.« 369 Männliche<br />

Abwehr gegenüber bewußter Weiblichkeit, die auch in Sexualität sichtbar<br />

werden kann, die unerlöst wiedererscheint?<br />

Die in diesem Kapitel angedeuteten Zusammenhänge sind lange und tief in<br />

den Glaubenssätzen der kapitalistischen Wirtschaftsform verwurzelt. Adam<br />

Smith formulierte im 18. Jahrhundert die eigensüchtige Triebfeder des<br />

idealtypischen kapitalistischen Praktikers. Gegenteilige bzw. unbedingt<br />

notwendige ergänzende und umformende Haltungen aus Leben und Werk<br />

von Adam Smith werden wie unter rational-eigensüchtigen Menschen<br />

üblich ignoriert 370 (und oft auch von Menschen wie mir, die nicht alles lesen<br />

können und auch nicht alles lesen wollen). »Nicht vom Wohlwollen des<br />

Fleischers, Bäckers oder Brauers erwarten wir unser Mittagessen, sondern<br />

von der Rücksicht auf ihren eigenen Vorteil, wir wenden uns nicht an die<br />

Nächstenliebe, sondern an ihre Selbstsucht und sprechen nie von unseren<br />

Bedürfnissen, sondern stets nur von ihrem Vorteil.« 371 Der Chef-Redakteur<br />

367 Vgl. Rappaport 1999, S. 454. Vidermann schreibt zur Rolle der Zwangsneurose, daß mit ihr<br />

innere Zensur einhergeht, wie in diktatorischen Systemen äußere Zensur auftrete. (Vgl.<br />

Vidermann 1996, S. 11.) So paßt das Bild der vielfältigen Blindheiten des modernen Menschen<br />

mit der Dominanz von Geld zusammen.<br />

368 Vgl. Schultz 1994, S. 61 f.<br />

369 Vgl. Schultz 1994, S. 78.<br />

370 Adam Smith (1723-1790) war im Hauptberuf Professor für Logik und später für<br />

Moralphilosophie. Als solcher entwarf er eine Theorie des sozialen Handelns, »nach der<br />

Entstehung und Geltung sozialer Normen an einen sozialen Lernprozess gekoppelt sind.« In<br />

diesem treten drei Tugenden zutage: Klugheit (Eigeninteresse im wohlverstandenen Sinn),<br />

Gerechtigkeit (die in Form des Rechtes kodifiziert wird), Güte (deren Befolgung das höchste Gut<br />

darstellt). Der Staat ist notwendiger Garant dafür, daß handelndes Eigeninteresse nicht zum<br />

Schaden des Ganzen entgleist. (Vgl. Brockhaus 1996, Bd. 20, S. 337.)<br />

371 Smith 1974, S. 231; eigene Kursivierung

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