25.12.2013 Aufrufe

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

376<br />

Metaphern, die außerhalb des gebräuchlichen Konzeptsystems liegen,<br />

»können dazu beitragen, daß wir unsere Erfahrung in einem neuen Licht<br />

sehen.« 953 Unkonventionelle Metaphern »sind auf die gleiche Weise für<br />

unsere Erfahrung sinnstiftend wie konventionalisierte Metaphern: Sie<br />

schaffen eine kohärente Struktur und beleuchten manche Aspekte und<br />

verbergen andere.« 954 »Veränderungen in unserem Konzeptsystem verändern<br />

auch das, was für uns real ist, und nehmen Einfluß darauf, wie wir die<br />

Welt wahrnehmen und wie wir nach den Wahrnehmungen handeln.« 955 Der<br />

individuelle Umgang mit bildhaftem Denken schafft jedoch auch bei<br />

Denkprozessen, die auf identischen Basismetaphern beruhen, unterschiedliche<br />

Schlußfolgerungen 956 . Es unterscheidet sich insofern nicht wesentlich<br />

von Rationalität. Die dadurch gekennzeichnete Subjektivität ist jedoch nicht<br />

weiter problematisch, solange man daran arbeitet, bewußt und offen mit ihr<br />

umzugehen.<br />

Ich teile weitgehend die Überlegungen von Lakoff et al. zu den Qualitäten<br />

und Bedeutungen von modernen Metaphern für den Alltag – mit einer<br />

Ausnahme. Lakoff et al. beschreiben, wenn ich sie richtig verstehe, Denken<br />

Leider handeln nur wenige von uns nach dieser Regel. Aber glücklicherweise werden andere<br />

gewöhnlich bereit sein, Kritik zu üben, wenn wir es nicht selbst tun.« (Popper, 1994, S. XV)<br />

Es gibt eine wenig glückliche Seite dessen, daß man vernünftigerweise nicht bei einmal<br />

Erreichtem stehenbleibt. Dieser Aspekt wurde mir zuerst in wiederholten Erfahrungen im<br />

akademischen Umfeld deutlich. Will man mit allen Mitteln eine von der eigenen Haltung<br />

abweichende Theorie umstoßen, provoziert das notwendigerweise die Verteidigung mit allen<br />

Mitteln durch die Vertreter der jeweils angegriffenen Theorie. Die Methode „Attacke“ provoziert<br />

dann schematisches Denken in Freund-Feind-Schablonen (fast) zwangsläufig. Das führt dazu, daß<br />

der Blick entweder auf die vermeintlichen Schwächen oder die Vorzüge einer Theorie<br />

vereinseitigt wird. Damit kann in gegenseitig feindlich-ablehnender Haltung die Fruchtbarkeit<br />

von Abweichendem aus dem Blickfeld geraten.<br />

Praktisch ist es jedoch richtigerweise so, daß Traditionelles in dem ihm zukommenden Rahmen<br />

weiter seinen Platz hat. Falsifikation ist also häufig nicht eine Verwerfung von Theorien und<br />

Konzepten aufgrund von Fehlern, sondern das Auffinden von Grenzen des Gültigkeitsbereiches<br />

von Konzepten. Popper schrieb »[Die]… moderne theoretische Physik (in der wir die bisher<br />

vollkommenste Realisierung dessen sehen, was wir „empirische Wissenschaft“ nennen wollen)<br />

…« (Popper, 1994, S. 12) Die moderne Physik entspricht offenbar elementaren Überlegungen<br />

Poppers nicht. Sie operiert in Bezug auf unterschiedliche Gegebenheiten bei gleichen Objekten<br />

mit unterschiedlichen Theorien. Es werden eben nicht Theorien als falsch verworfen und durch<br />

bessere abgelöst. Jeder Mensch, der auf eine Waage steigt, betreibt empirische Newtonsche<br />

Physik, ohne deswegen wissenschaftlich untauglich und/oder veraltet zu handeln. Physiker<br />

betrachten Licht mal als Welle, mal als Teilchen, ohne zu wissen, was Licht ist (vgl. Dürr 1999,<br />

S. 259). Der Physiker Ernst Peter Fischer zeigt gar anhand von prominenten Beispielen, daß die<br />

Logik der Forschung Poppers in der Geschichte der Wissenschaft das Wesentliche ausblendet und<br />

»dass es diese rationale Treppe gar nicht gibt« (Vgl. Fischer 2000, S. 110 ff.)<br />

Die in dem dauernden Versuch des Umstoßens liegende destruktive Grundhaltung paßt in den<br />

größeren kulturellen Zusammenhang von Technik und Naturwissenschaften, Machbarkeit und<br />

Kapitalismus. Sie ist eine Entsprechung der einseitigen Dominanz von Konkurrenz in<br />

wirtschaftlichen Prozessen in wissenschaftlichen Zusammenhängen. Die so skizzierte<br />

Grundhaltung „Attacke“ ist für alle sozialen Zusammenhänge problematisch, da sie eine<br />

einseitige Haltung des Fehlersuchens provoziert, das Denken in eine unfreie Negativschablone<br />

preßt und Vertrauens- und Kooperationsfähigkeit untergräbt..<br />

953 Vgl. Lakoff et al. 1998, S. 161.<br />

954 Vgl. Lakoff et al. 1998, S. 161.<br />

955 Lakoff et al. 1998, S. 168<br />

956 Vgl. Morgan 1998, S. 26 ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!