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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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Rhythmen, Zeiten und natürliche Abfolgen gebunden. 341 Es wird damit<br />

durch die banale Funktionalisierung von Zeit und Geld in gefährlicher<br />

Weise altes Wissen zugedeckt – die Gefahr des Verlustes von menschlicher<br />

Individualität und Würde tut sich so auf. In Kinderliedern, mit denen Kinder<br />

ja auch in die Welt der Erwachsenen „eingeweiht“ werden, ist das Zudecken<br />

noch nicht so weit gediehen. Der pulsierende Rhythmus des Lebendigen<br />

wird deutlich in »Taler, Taler, du mußt wandern, von der einen Hand zur<br />

andern. Das ist schön, das ist schön, Taler laß dich ja nicht sehn!« Sich als<br />

Erwachsener in einer Gruppe auf diesen Kinderreim einzulassen, kann zu<br />

erstaunlichen Erlebnissen und Ergebnissen führen, die mit der Wahrnehmung<br />

beginnen können, daß Kapitalakkumulation aus einem lebensnotwendigen<br />

Rhythmus herausfallen kann und dann die Qualität einer schädlichen<br />

Stauung annimmt. Geld und seine Qualitäten werden so erlebbar 342 .<br />

Eine von den Facetten des Menschseins, die im tradierten scheinrationalen<br />

Umgang mit Geld deutlich wird, ist, daß die Jagd nach dem Mammon im<br />

341 Im Kontext von modernen Organisationen findet dieses Wissen im Modell der<br />

Organisationsentwicklung von Glasl und Lievegoed Niederschlag, das unten bearbeitet wird.<br />

(Vgl. Glasl et al. 1996.)<br />

In den gemeinsamen Quellen jüdischer und christlicher Kultur findet die Tatsache der<br />

Zeitqualitäten z.B. in folgendem Text des alten Testaments Ausdruck: Prediger (Koholet), Kap. 3,<br />

Vers 1-8, Ordnung im Zeitenwechsel<br />

1. »Alles hat seine Stunde, und es gibt eine Zeit für jegliche Sache unter der Sonne:<br />

2. Eine Zeit für das Gebären (E. B. hat mündlich ergänzt um »Eine Zeit für das Geborenwerden«)<br />

und eine für das Sterben, eine Zeit zu pflanzen und eine Zeit, das Gepflanzte<br />

auszureißen,<br />

3. eine Zeit zu töten und eine Zeit zu heilen, eine Zeit einzureißen und eine Zeit aufzubauen,<br />

4. eine Zeit zu weinen und eine Zeit zu lachen, eine Zeit zu klagen und eine Zeit zu tanzen,<br />

5. eine Zeit, Steine wegzuwerfen, und eine Zeit Steine zu sammeln, eine Zeit zu umarmen und<br />

eine Zeit, sich der Umarmung zu enthalten,<br />

6. eine Zeit zu suchen und eine Zeit zu verlieren, eine Zeit aufzubewahren und eine Zeit<br />

fortzuwerfen,<br />

7. eine Zeit zu zerreißen und eine Zeit zu nähen, eine Zeit zu schweigen und eine Zeit zu reden,<br />

8. eine Zeit zu lieben und eine Zeit zu hassen, eine Zeit des Krieges und eine Zeit des Friedens.«<br />

Im zitierten Text wurde das Substantiv »Geburt« verwendet. Der Gebrauch des Verbs gebären<br />

anstelle des Substantivs kommt meinem eigenem Verständnis und auch vermutlich dem<br />

ursprünglichen Text näher. Gebären und Sterben werden so besser als elementare Lebensprozesse<br />

sichtbar, die eigenen Gesetzen unterliegen und menschlicher Manipulation im Kern unzugänglich<br />

sind. (Vgl. auch Ebach 1990, S. 95 ff.) In Gebären und Sterben offenbart sich damit, daß es im<br />

Leben neben „Machen“ auch ein „Geschehen“ (lassen) und damit neben Aktivität auch ein sich<br />

einlassen und anvertrauen geben muß, wenn es gesund bleiben soll. Im Hintergrund dieser<br />

Überlegungen stehen die Qualitäten, die im westlichen Kulturkreis unter dem Begriff der<br />

Polarität geläufig sind und in China ihren Ausdruck in der Lehre von Yin und Yang gefunden<br />

haben. Eine kurze Zusammenfassung zu Yin und Yang im Zusammenhang mit einer profunden<br />

Insideranalyse von modernen Geldsystemen bietet Lietaer 2000 auf S. 90.<br />

342 Als Organisierender kann man ankündigen, Geld herumgehen zu lassen und anschließend<br />

Symbole und Dinge die aktuell als Geld akzeptiert werden, Symbolen und Dinge, die engen<br />

Bezug zum Geld haben, Dinge, die ehemals als Geld akzeptiert wurden und Dinge, die<br />

vermutlich noch nie als Geld akzeptiert wurden zu dem Lied wandern lassen (einen Kontoauszug,<br />

eine Scheck-/Kreditkarte, eine Zigarette, aktuelles Geld, alte Geldmünzen, Muscheln, ein<br />

Radiergummi, eine defekte CD…). Es staut beim Herumreichen üblicherweise bei kulturell<br />

interessanten Exponaten oder bei Symbolen/Dingen, die nicht als Geld akzeptiert werden. Die<br />

unweigerlich aufkommenden Zweifel können eine gute Basis für ein vertiefendes Gespräch über<br />

Wesen und Formen des Geldes sein. Wenn eine Gruppe nicht akzeptiert, daß ein Radiergummi<br />

(o.ä.) Geld ist, obwohl der Leiter und „Experte“ für Geld das vehement vertritt, wird erlebbar,<br />

daß Geld eng mit Glauben und Nicht-Glauben von Gemeinschaften zusammenhängt und daher<br />

ein geistig-kulturelles Massenphänomen ist.

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