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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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»Das deutsche manager-magazin veranstaltete zusammen mit einer<br />

schweizerischen Beratungsfirma Kurse unter dem Titel «Machiavelli für<br />

Manager». Die Kurse fanden selbstverständlich in Florenz statt und waren<br />

äußerst erfolgreich und gut besucht. In diesem Kurs ging es um eine einzige<br />

Fallstudie: Wie schalte ich einen Kontrahenten aus, der mir für meine<br />

eigene Karriere im Weg steht? Es begann ganz harmlos. Am ersten Tag ging<br />

es vor allem um rhetorische Aufgaben. Man sollte versuchen, den anderen<br />

von seiner Unterlegenheit zu überzeugen. Am nächsten Tag folgten<br />

fachliche Probleme. Am dritten Tag wurde es schon kritischer. Man muss<br />

intrigieren, sein Privatleben einbeziehen, die Familie beeinflussen. Die Frau<br />

erhält Telefonanrufe über die angeblichen Freundinnen des Kontrahenten.<br />

Der Kurs gipfelte schließlich im Auftrag: Wie treibe ich den Kontrahenten<br />

in den Herzinfarkt. Mit anderen Worten: wie bringe ich meinen<br />

Kontrahenten um. […] Was ist denn los? Der normale Mensch, der seine<br />

Mitmenschen umbringt, ist ein Krimineller. Für den Manager ist es ein<br />

selbstverständliches Mittel zum Aufbau der Karriere. […] «Wirtschaft ist<br />

Krieg. Da werden Geländegewinne erzielt. Der Gegner wird vernichtend<br />

geschlagen. Der graue Massanzug ist die Uniform» 183 - wie es mir ein<br />

deutscher Manager schilderte. […] Menschliche Menschen […] wollen mit<br />

dem Mitmenschen zusammenleben, mit ihm sein. Nicht ihn übertrumpfen<br />

wollen, nicht ihn beherrschen wollen, nicht mehr als er sein wollen. Das<br />

Teuflische besteht darin, dass dadurch jene Menschen an die Spitzen der<br />

heutigen hierarchischen Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft kommen,<br />

die wegen ihrer psychischen Strukturen eigentlich Lebensversager,<br />

ausgeprägte Neurotiker sind. Der Wille zur Macht ist nie ein Zeichen der<br />

Überlegenheit. Macht- und Geltungsstreben sind Zeichen der Unsicherheit.<br />

notwendig. Ich glaube aber, daß die Wut und Resignation vor dem Schatten genauso gefährlich<br />

werden kann, wie die Idealisierung des Schattens. Der Hintergrund der letzten Bemerkung wird<br />

an dem Titel und dem Anfang des Buches deutlich. Es heißt «Auf die Bäume ihr Affen» und<br />

beginnt mit der Überschrift »Es hat nichts gebracht.« (Pestalozzi 1991, S. 6)<br />

Ich habe teilweise eine andere Haltung als Pestalozzi. Pestalozzi folgerte aus seinen Erfahrungen,<br />

daß er »den ganzen Unsinn«, den man ihm »im Studium der Wirtschaftswissenschaften<br />

beigebracht hatte, vergessen musste.« (Pestalozzi 1991, S. 14) Ich bin der Überzeugung, daß man<br />

nicht nur nicht vergessen darf, sondern zu einem tieferen Verständnis von Bedeutung, Sinn und<br />

Folgen dieser Denk- und Handlungsmodelle kommen muß. Sie sind ein prägender und mächtiger<br />

Teil des Alltags und tief im abendländischen Weltbild verwurzelt. Es geht dabei um das<br />

Verstehen der eigenen Wurzeln und Verwurzelung, was für sinnvolle Wandlung notwendige<br />

Voraussetzung ist. Genauso gilt für mich: Wenn man aufhört, für sich Anderssein und<br />

Andersdenken anzunehmen, zu verarbeiten und zu integrieren, ohne deswegen das Leben der<br />

eigenen Standpunkte als Fahne im Wind zu fristen, ist man geistig schon so gut wie tot. Das gilt<br />

für „Mitläufer“ genauso wie für „Gegner“ von Ansätzen jeglicher Couleur.<br />

183 Zwei literarische Verarbeitungen des Themas Uniformität seien hier genannt. Sehr direkt und<br />

tiefgehend im Hinblick auf graue Herren im Einheitsanzug ist «Momo» von Michael Ende. Eine<br />

unmittelbare Verbindung mit dem Thema Geld ergibt sich durch die Zeitsparkasse (Zeit ist Geld<br />

sagt man!), die von den grauen Herren verwaltet wird. Umfassender und komplexer in seiner<br />

ganzen Tiefe bzgl. der abendländischen Kultur wird Uniformität im «Mann ohne Eigenschaften»<br />

von Robert Musil sichtbar. Bei beiden Werken kann wiederholtes Lesen mit zeitlichem Abstand<br />

sinnvoll sein.

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