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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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Preiswerte Waren und preiswerte Dienstleistungen sind also einen Preis<br />

wert, der aus Sicht des Käufers nicht einfach zu minimieren ist und aus<br />

Sicht des Verkäufers nicht einfach zu maximieren ist. Die Jagd nach<br />

billigsten Preisen hat daher unverantwortlich hohe „Preise“. Billige Waren<br />

sind nur eingeschränkt gebrauchstüchtig. Ein weiterer elementarer „Preis“<br />

ist, daß nicht nur alltägliche Arbeit unnötig erschwert, sondern auch<br />

wechselseitig Mißtrauen gesät wird, das Möglichkeiten sinnvoller Gemeinschaftsbildung<br />

zu untergraben droht, weil die versprochenen Leistungen<br />

zum Billigtarif nicht oder nicht dauerhaft brauchbar erbracht werden. 1249<br />

Wenn dann noch sinnvolle Kostenersparnisse und Strukturveränderungen<br />

durch finanzielle Erpressung ersetzt werden, wird nicht nur den Erpressten<br />

die Grundlage der Existenz bedroht oder entzogen, sondern auf absehbare<br />

Zeit auch den Erpressern, da denjenigen die Existenzgrundlage entzogen<br />

wird, die mit ihrem investierendem und konsumierenden Handeln selbst<br />

unverzichtbar für die Kreislaufprozesse der Wirtschaft sind. Erpresser sägen<br />

also an dem Ast auf dem sie sitzen, auch wenn das kurzsichtige Ausnutzen<br />

von Machtpositionen gern als „Handeln nach Marktgesetzen“ rational<br />

maskiert wird. Verstärkt werden solche gesamtwirtschaftlich existenzgefährdenden<br />

Prozesse dadurch, daß ein Überhandnehmen von Erpressung<br />

kollektive Ängste, Lähmungserscheinungen und Aggressionen schürt.<br />

Wird einseitig auf kurzsichtige finanzielle Aspekte geschaut, geraten die<br />

mittel- und längerfristigen menschlichen, sachlichen und finanziellen<br />

Risiken und Nebenwirkungen einer derart kurzsichtigen und einäugigen<br />

Strategie aus dem Blick. Ohne den Sinn des Verschlankens im Blick zu<br />

haben, ist es naturgemäß schwer möglich, für den sachlichen und menschlichen<br />

Leistungsprozeß Notwendiges, Hilfreiches, Komfortables, Überflüs-<br />

1249 Es gibt einfache und komplexe Beispiele für den Unterschied zwischen billig und preis-wert.<br />

Ein Kugelschreiber für 99 ct. schreibt ungleichmäßig, liegt schlecht in der Hand, ist nicht<br />

nachfüllbar, geht schnell kaputt. Ein Billigschraubendreher ist nach der ersten ernsthaften<br />

Belastung genauso wie ein ebensolcher Bohrer irreparabler Müll.<br />

In Bezug auf Neufahrzeuge stellte der ADAC fest: Vom PKW-Jahrgang 94/95 zum Jahrgang<br />

1996 erhöhten sich Motorenprobleme von 30 auf 38 %, Zündungsprobleme von 13 auf 26%,<br />

Auspuffprobleme von 6 auf 17%. Im Praxistest des ADAC landeten in Bezug auf die Qualität von<br />

Neuwagen die Modelle der Kleinwagenklasse deutschern Hersteller hinter den Produkten aus<br />

Japan, Frankreich, Spanien und Italien. Die Überschrift des zitierten Artikels lautet: «Sparwut<br />

nagt an Qualität:…» (Vgl. Westfälisches Volksblatt 11.11.1997, S. 6.)<br />

Ein weiteres Beispiel zeigt Alfons Graf: 1992 wurden 98 % aller Kfz-Kabelbäume für deutsche<br />

Kfz in Deutschland gefertigt, 1997 stammten 98 % aus dem Ausland. Rußland bot aus reiner<br />

Devisennot Kabelbäume unter den Weltmarktpreisen für Kupfer an. Das Fatale an der Situation<br />

sei, daß nicht mehr Qualität und Innovation entscheidend sei, sondern ausschließlich der Preis.<br />

(Kommentiertes Interview mit Alfons Graf, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der Siemens<br />

AG, Hilzenbacher et al. 1997, Seite 28)<br />

Wenn man als Einzelhandelskunde diese Entwicklung mitmacht, und selbst überwiegend auf den<br />

Preis schaut, treibt man die Entwicklung selbst mit an, die dazu führt, daß „Experten“ an Hotlines<br />

für „Hightech“ genauso hilflos oder noch ahnungsloser als ihre Kunden sind und die<br />

Wegwerfgesellschaft in eine neue Spirale geht, daß Nahrung ungenießbar wird usw.

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