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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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entspricht qualitativ jedoch nicht denjenigen Gesellschaften, die sich zu<br />

seinen Lebzeiten 193 als sozialistisch bezeichnet haben und Diktaturen waren.<br />

Zusammengefaßt: Aus selektiver Wahrnehmung folgt selektives Zitieren<br />

und Sinnentstellung, weil Schumpeter Sozialist eigener Prägung war. Ein<br />

Kapitel des letzten zu seinen Lebzeiten veröffentlichten Werkes «Kapitalismus,<br />

Sozialismus und Demokratie» ist »Die Überlegenheit des sozialistischen<br />

Grundplans« 194 . Unmittelbar im Anschluß daran läßt er allerdings<br />

vernünftigerweise eine »Warnung« folgen, die sich auf das »menschliche<br />

Element« und seine Eigenwilligkeit bezieht. 195<br />

Schumpeter besteht als ideelle Symbolfigur des Kapitalismus in entscheidenden<br />

Teilen offenbar aus Projektionen des Glaubens seiner Interpreten.<br />

Wenn man in diesem Zusammenhang die traditionelle Gegnerschaft von<br />

Kapitalisten und Sozialisten (die sich beide als materialistische Realisten<br />

begreifen) betrachtet, wird Realsatire sichtbar.<br />

Es steckt aber mehr im Denken Schumpeters und in dem seiner Interpreten,<br />

als Realsatire. Mit dem Motiv der schöpferischen Zerstörung kommt ein<br />

Bild von Sterben und Tod in die modernen Sichtweisen auf wirtschaftliches<br />

Handeln. Angesichts der allgemein verbreiteten Verdrängung von Altern,<br />

Sterben und Tod in unterschiedlichen Formen und deren ungesunden Folgen<br />

ist das etwas Seltenes und ebenso notwendig wie zwangsläufig 196 . In der<br />

Haltung von Organisationen bildet sich die verdrängende Haltung<br />

gegenüber dem Tod und der Sterblichkeit in einer Form ab, die Sievers als<br />

katatonische Verkrampfung im Streben nach Unsterblichkeit beschreibt 197 .<br />

Diese Verkrampfung im Umgang mit Tod und Sterben als Realität des<br />

Lebens betrifft also nicht nur den Verlust privater Kultur und Kultiviertheit<br />

193 Vgl. S. 63, Fußnote 188.<br />

194 Schumpeter 1950, S. 310 ff.<br />

195 Schumpeter 1950, S. 319 ff.<br />

196 Außer dem Werk von Schumpeter ist mir nur weniges bekannt, das dem Thema Tod und Sterben<br />

im Zusammenhang mit organisationalem Geschehen nicht ausweicht: «Work, Death and Life<br />

itself: Essays on Management and Organization» von Burkard Sievers fällt in diese Kategorie.<br />

(Vgl. Sievers 1994, vgl. auch Sievers 1990 S. 87 ff. und Lawrence 1987.) Gleiches gilt für die<br />

Perspektive von Organisationsentwicklung, die Glasl et al. in «Dynamische<br />

Unternehmensentwicklung: Wie Pionierbetriebe und Bürokratien zu schlanken Unternehmen<br />

werden» darstellen. Man könnte es unter das Motto »Stirb und Werde« stellen.<br />

Es scheint mir, als wenn „der“ westliche Mensch sein Streben nach Dauer und Unsterblichkeit<br />

mit der allgemeinen Säkularisierung nicht aufgegeben, sondern nur aus dem ursprünglich<br />

Religiösen heraus verlagert hat. Organisationen und ihre Manager streben nach irdisch<br />

gewordener Unsterblichkeit und Allmacht. (Vgl. Sievers 1994, S. 224 ff.) Sie bringen auf dem<br />

Altar dieser Ersatz-Religion Opfer in Form von Geld, Umweltschäden, menschlichen Schicksalen<br />

usw. Das Wirtschaftsleben zeigt jedoch, daß Leben und Sterben von Organisationen immer<br />

schneller gehen genauso wie Aufstieg und Fall von gefeierten Managementhelden. Damit erweist<br />

sich die Unsterblichkeit von Organisationen auch praktisch als Fiktion. (Vgl. auch Sievers 1994,<br />

S. 284.) Die alltägliche und allzumenschliche Version der ungesunden Formen des Umgangs mit<br />

Leben und Sterben hat Friedrich Glasl sinngemäß einmal so in Worte gekleidet: „Es ist schon<br />

merkwürdig, die Menschen wollen alle lange leben. Alt werden wollen sie aber nicht.“<br />

(Wiedergabe aus dem Gedächtnis)

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