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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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Darüber hinaus ist es altes Wissen, daß die geistig-seelischen<br />

Entwicklungen des Menschen nicht einfach nur als Ausdruck organischbiologischer<br />

Prozesse zu verstehen sind und verstanden werden können.<br />

Geistig-Seelisches prägt vielmehr organisch-biologische Prozesse mit. 1064<br />

Wandlungen und Verwandlungen sind Schlüsselstellen des Lebens. Wenn<br />

aus Wandlungen häufig Dauerkrisen werden, heißt das wohl zuerst, daß wir<br />

mit dem Erringen einer gewissen Meisterschaft in der Beherrschung<br />

technischer Prozesse die Fähigkeit eingebüßt haben, mit elementaren<br />

Prozessen des Lebens umzugehen und diese aktiv verantwortlich auszufüllen<br />

und zu leben. Daß Krisen durch verdrängte Lebendigkeit und verdrängte<br />

geistig-seelische Prozesse erst hervorgebracht werden können, steht auf<br />

demselben Blatt. Leben und erst recht Kulturleben im weitesten Sinn ist –<br />

wenn überhaupt – „nur“ in Oberflächendimensionen Funktion und Struktur.<br />

Vor diesem Hintergrund kann die Fülle und Vielfalt von Angeboten<br />

psychologischer, psychotherapeutischer, religiöser und pragmatischer<br />

Lebenshilfen mit unterschiedlichen Qualitäten und Herkünften auch als<br />

Ausdruck der Wahrnehmung und des Zulassens eines ernsten Mangels an<br />

Sinnerleben und der Deutungs- und Handhabungsfähigkeit elementarer<br />

Lebensprozesse gesehen werden. Carlo Zumstein beschreibt wesentliche<br />

Qualitäten, die Wandel erlebbar und lebbar werden lassen: Die »Phase der<br />

Ahnungen, der Verunsicherung, der Unruhe, ist die Initialphase eines […]<br />

typischen Wandlungsverlaufs. Darauf folgt die Phase des Zusammenbruchs<br />

Freiheiten. Zwei Beispiele für Prozesse der so angedeuteten Qualität ereigneten sich vor dem<br />

Hintergrund des Aufschwungs von Säkularisierung und Aufklärung 1789: die französische<br />

Revolution mit ihren Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und die amerikanische<br />

Verfassungserklärung (Virginia Bill of Rights), die Grundlage des ersten neuzeitlichen<br />

demokratisch verfaßten Staatswesen ist. (Vgl. Ploetz 1974, S. 362 ff., S. 420.)<br />

Organisationen nabeln sich in der Wandlung vom Pionierunternehmen zur Organisation in der<br />

Differenzierungsphase von der Gründerfigur ab und werden gleichsam geboren, um sogleich in<br />

der Differenzierungsphase in enge Abhängigkeit zum technisch-instrumentellen Subsystem zu<br />

geraten, so wie sich in der Kindheit der Körper eines Kindes entwickelt und reift.<br />

Glasl erklärt die Entwicklung von Organisationen als abgewandelten Neuvollzug menschlicher<br />

Bewußtseinsentwicklung. (Vgl. Glasl 1994, S. 37 ff.) Die Idee, daß in der individuellen<br />

Biographie des Menschen ein Neuvollzug der Bewußtseinsentwicklung des Menschen stattfindet,<br />

wird mittlerweile auch in orthodoxen Wissenschaftskreisen verfolgt. »Bei Menschenkindern läuft<br />

die Evolution der Sprache noch einmal im Zeitraffer ab.« (Traufetter 2003b, S. 81)<br />

1064 Die Macht, die geistig-seelische Prozesse über Körperprozesse haben, wird an vielem deutlich.<br />

1. Der Begriff Psychosomatik umfaßt die wissenschaftlich erforschten Alltagstatsachen eines<br />

mehr unbewußten Einflusses bzw. mehr unbewußter Wechselwirkungen von Körper, Seele und<br />

Geist (ohne letztere Begriffe allzu häufig zu verwenden). (Vgl. Deter 2001.)<br />

2. Für den Mikrochirurgen und Arzt Dietrich Grönemeyer ist die Dreieinheit des Menschen mit<br />

Körper, Geist und Seele Grundüberzeugung. (Vgl. Grönemeyer 2003.)<br />

3. Wenige spirituelle Meister können aus alltäglicher Perspektive unglaublich erscheinende<br />

Macht über ihren Körper erlangen, die bewußt und willentlich geschieht. Diese Fähigkeiten<br />

reichen von der Blutstillung und Schließung tiefer Schnittwunden über die bewußte<br />

Beeinflussung des Pulsrhythmus und der Minimierung von Stoffwechselprozessen bis hin zu<br />

Schmerztoleranz größten Ausmaßes. (Vgl. einführend das Kapitel «Techniken der<br />

Autonomie»; Eliade 1977, S. 55 ff.) Nicht zuletzt ist das übende Erlangen der Fähigkeit der<br />

willentlichen Beeinflussung der Körpertemperatur ein Zeichen des Erreichens eines gewissen<br />

Grades der Meisterschaft. (Vgl. David-Néel 1930, S. 145 f.)

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