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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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drohliche Krise wie Krebs, klinisch relevantem Alkoholismus oder Aids.<br />

Diese Sinnlosigkeits- und Suchtbiographie des Menschen der mechanischen<br />

Zeitgeschichte ist in von dem sequentiellen Uhrwerkstakt geprägt, dem<br />

Charlie Chaplin im Film «Modern Times» aus dem Jahr 1936 so wunderbar<br />

Ausdruck verliehen hat 1400 .<br />

Multitasking, das ansonsten – innerlich! – nichts verändert, dreht den<br />

entfremdeten Menschen durch mehrere Mühlen zugleich. Der Junkie der<br />

Sinnsuche, der im „Absoluten“ des Multitasking angekommen ist, gleicht<br />

dem Süchtigen, der sich zur gleichen Zeit eine Linie Koks reinzieht, ein<br />

Callgirl bestellt und sich „bedienen“ läßt, dabei einschlägige Bilder im<br />

Internet betrachtet und eine Flasche Whisky leert. Anderntags reicht das<br />

schon nicht mehr. Er muß den Kick der Intensität des Gleichzeitigen durch<br />

zunehmend exteme oder noch mehr Reize steigern. Damit das „Vergnügen“<br />

kein Ende hat, nimmt er Speed und geht als gedopter workaholic erst zur<br />

Arbeit und entflieht danach der lärmenden Stille des fehlenden Sinnbezugs<br />

auf der „after business party“. Kurz vor dem Zusammenbruch nimmt er<br />

Betäubungsmittel (werbetechnisch korrekt: Beruhigungsmittel), um in einen<br />

kurzen traumlosen „Schlaf“ zu fallen.<br />

Der von Geißler idealisierte Massentypus des »Junkie der Versofortigung<br />

des Zukünftigen« ist also nicht durch Befreiung und Sinnfindung und schon<br />

gar nicht durch die Ankunft im „Absoluten“ gekennzeichnet. Im Gegenteil.<br />

Er findet als neues gleichermaßen subtiles wie starkes Suchtmittel die<br />

Vergleichzeitigung von allem, das sich anbietet. Es handelt sich daher um<br />

Steigerungen von Suchtpotentialen und Sucht, mit der innere Leere und der<br />

Verlust des Kontaktes zum Inneren bis zum Exzeß zugedeckt werden<br />

können. Auch die von Geißler idealisierten Junkies sind daher Süchtige<br />

hohen Grades. Sie sitzen nicht im Paradies, sondern in der höchstens<br />

teilbewußt selbstgewählten Hölle allzeit bereiter multitaskender Nervosität<br />

und Parallelität, in der man außer Geflimmer nichts mehr „erlebt“ und<br />

schließlich auch noch um den so heilsamen Schlaf gebracht wird. Allzeit<br />

bereit? Multitasking drängt also Entfremdung auf einen neuen Höhepunkt<br />

und erzwingt zugleich seine Erlösungsmöglichkeiten im Finden von<br />

sinnvollen und sinnerlebenden Tätigkeiten.<br />

Der Kontakt mit einer existentiellen Krise rückt durch beschleunigte<br />

Todesnähe bei den Junkies der Moderne viel schneller nahe, als bei dem<br />

geblieben, auch wenn sich das Gleichmaß exponentiell beschleunigt und vermehrt.<br />

1400 In einer Szene wird die von Charlie Chaplin gespielte Hauptfigur buchstäblich durch die Mühlen<br />

eines überdimensionalen Räderwerks gedreht. Chaplins Protagonist hat vorerst keine andere<br />

Chance, außer sein Schicksal als leidender Fremdkörper im Uhrwerk der Produktion anzunehmen<br />

und zu durchschauen. (Vgl. Brockhaus 17. Aufl., Bd.3 1967, S. 693.)

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