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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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im Umgang mit Alterung, körperlichem Verfall, Sterben, Tod und<br />

Abschied. – Wozu eigentlich die Anti-Aging Welle, wenn nicht als Flucht?<br />

– Die verdrängten menschlichen und organisatorischen Prozesse beim<br />

Entlassen von Mitarbeitern, beim Auflösen von Unternehmensteilen und<br />

beim Untergang von Organisationen zeigen, daß es auch Organisationen an<br />

Kulturen und Ritualen mangelt, mit Scheitern, Altern und Abschied<br />

umzugehen. Die Folgen dieser kollektiven Unfähigkeit, dürften schon<br />

immer destruktiv gewesen sein, wurden aber längere Zeit von der Gemeinschaft<br />

materiell abgefedert. 198 Es nehmen in der öffentlichen Wahrnehmung<br />

jedoch zwei Tendenzen zu: Wenigen Exponenten von großen Organisationen<br />

wird Abschied beim Scheitern mit wohlgepolsterten Abfindungen<br />

erleichtert, während die Mehrzahl von Betroffenen materiell und beruflich<br />

immer häufiger mit existentiellen Umbrüchen und Abstiegen konfrontiert<br />

wird. Daraus folgt, daß diejenigen Machtinhaber, die im Normalfall für sich<br />

Macht und Verantwortung und im Erfolgsfall aus ökonomischen Zahlen<br />

abgeleitete leistungsgerechte Bezahlung reklamieren, sich im Fall des<br />

Scheiterns nicht nur der entsprechenden Beteiligung an Verlusten entziehen,<br />

sondern mit hohen persönlichen Abfindungen zur Verschärfung wirtschaftlicher<br />

Schieflagen beitragen, während weniger Verantwortliche die<br />

ökonomischen und persönlichen Lasten des Scheiterns zunehmend weniger<br />

geschützt tragen. Hohe persönliche Abfindungen von Managern im Fall von<br />

wirtschaftlichen Krisen kann man vor diesem Hintergrund auch als extrem<br />

hohe Sozialleistungen ohne Gegenleistung betrachten. Gesamtwirtschaftlich<br />

negative Konsequenzen (nachlassende Binnennachfrage) dieser ins<br />

Schädliche kippenden Umverteilungsprozesse sind zu erwarten, u.a. weil<br />

der Anteil finanzieller Sozialleistungen, die als Konsum in den<br />

realwirtschaftlichen Kreislauf zurückfließen, bei weniger oder nicht<br />

197 Vgl. Sievers 1993, S. 266.<br />

198 Es ist sicher erhellend, sich des Phänomens „Scheitern von Organisationen“ in seinen Facetten<br />

wie Abfindung, Arbeitslosengeld, Gerichtsvollzieher, Insolvenzverwaltung, Obdachlosigkeit,<br />

Sozialpläne, Weiterbildung, Zwangsversteigerungen mit Blick und im Abgleich mit der<br />

allgemeinen Sterbe- und Trauerkultur unserer Zivilisation anzunehmen.<br />

Es würde mich wundern, wenn dort nicht Abgründe von Unmenschlichkeit und daraus<br />

entstehende wirtschaftliche Ineffizienz sichtbar würden, die mit Menschlichkeit und Anstand<br />

abzumildern oder in gelebte Trauer und Abschiedskultur umzuwandeln wären. In bewußtem<br />

Abschied angelegte Tabula Rasa sind als Acker für Neues weitaus fruchtbarer, als zornig das<br />

Sterben aus der Seele zu verdrängen, Leichenfledderei oder gar in destruktiver „Mordabsicht“<br />

gegenüber Organisationen und Organisationsteilen zerstörtes Land.<br />

Ich bin davon überzeugt, daß eine erneuerte Kultur des Alterns und Sterbens, des Abschieds und<br />

des Verwandelns und des wieder neu Lebens sowohl individuell als auch für Organisationen<br />

dringend herausgebildet werden muß. So oder so entscheidend ist die individuell und<br />

gemeinschaftlich gelebte Auseinandersetzung mit diesen Grunderfahrungen von Leben.<br />

Schriftliche Anregungen und Hilfestellungen finden sich in den Werken von Elisabeth Kübler-<br />

Ross. In «Reif werden zum Tode» beschreibt sie Perspektiven über Tod und Sterben aus der Sicht<br />

verschiedener Personengruppen und Kulturen. Der von mir angedeutete Aspekt von Trauer,<br />

Abschied und Neuanfang wird von Jorgos Canacakis in «Ich sehe Deine Tränen: Trauer, Klagen,<br />

Leben können» verarbeitet.

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