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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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70<br />

»Solange du das nicht hast,<br />

Dieses: Stirb und werde!<br />

Bist du nur ein trüber Gast<br />

Auf dieser Erde«. 200<br />

Daß Schumpeters Gedankengut in seinen Tiefendimensionen ignoriert wird,<br />

ist so verbreitet wie fatal. Stellvertretend für den Wahn, alles bleibe wie<br />

gewohnt (kapitalistisch), sei der stellvertretende Chef des Planungsstabes im<br />

State Department der USA, Francis Fukuyama, zitiert. Er hat nach dem<br />

Zusammenbruch des „Ostblocks“ in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts<br />

geäußert, nun erweise sich, daß die liberale Demokratie die endgültige Form<br />

der menschlichen Regierung sei. Fukuyama sah den Endpunkt der ideologischen<br />

Entwicklung der Menschheit erreicht 201 . Im «Herald Tribune»<br />

formulierte Charles Krauthammer, daß nach einigen Jahrtausenden des<br />

Ausprobierens verschiedener Systeme das Ende dieses Jahrtausends mit der<br />

»Gewißheit« begangen werden kann, mit der pluralistisch-kapitalistischen<br />

Demokratie nun die endgültige Gesellschaftsform gefunden zu haben. Die<br />

Qualität dieser Haltung ist vergleichbar mit einem Ausspruch von Erich<br />

Honecker: »Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel<br />

auf.« Beide Aussprüche projizieren banalisierte Paradiesvorstellungen und<br />

Mythen vom goldenen Zeitalter nach dem Verlust des Gottesbezugs ins<br />

Diesseitige. Der Ausspruch von Honecker zeigt darüber hinaus, daß nicht<br />

nur der Kapitalismus und seine Exponenten realsatirische Qualitäten haben<br />

können. Ein stocktrockener und grauer Sozialist erweist sich als begnadeter,<br />

tiefgründender und drängend aktueller Humorist, wenn man seinen<br />

Ausspruch mit der christlichen Weihnachtsgeschichte in Bezug setzt. 202<br />

200 Aus Johann Wolfgang von Goethe «Selige Sehnsucht».<br />

201 Vgl. Fukuyama 1992, S. 288; Dönhoff 1997, S. 12, S. 19.<br />

202 Erich Honecker war Staatsratsvorsitzender der DDR, Erster Vorsitzender des ZK der SED und<br />

Generalsekretär der SED. Das Zitat stammt aus einer öffentlichen Ansprache zum letzten<br />

Jahrestag des Bestehens der DDR, 1989 (Vgl. de.wikipedi.org/wiki/Erich_Honecker.)<br />

Ausgerechnet der bekennende „Atheist“ Erich Honecker stellte die Krippentiere fundamentalen<br />

Umbruchs und des Neubeginns (Ochs und Esel stehen an der Krippe des Kindes Jesus Christus)<br />

zur Bewachung des Totentanzes des Sozialismus auf, von dem er glaubte, er symbolisiere das<br />

ewige Leben (des Sozialismus). Volltreffer. (Unbemerkt? Auch Atheisten müßten anerkennen,<br />

daß mit der Entstehung des Christentums weltweit kulturelle und religiöse Wandlungen größter<br />

Wichtigkeit verbunden sind.)<br />

Der Benediktinermönch Anselm Grün (OSB) skizziert verschiedene Deutungsmöglichkeiten von<br />

„Ochs und Esel“, die nicht nur aus konservativem Katholizismus gespeist werden, sondern sehr<br />

unterschiedliche Quellen zur Erhellung zugänglich machen, u.a.:<br />

Eher konservativ scheint mir Folgendes: »Der Ochse steht für das jüdische Gesetz, an das er<br />

gebunden ist wie ein Joch. Der Esel ist Symbol für die Heiden. Denn er trägt die Last des<br />

Götzendienstes. Zwischen Ochs und Esel liegt das göttliche Kind, das sowohl Juden als auch<br />

Heiden von ihrem Joch und von ihrer Last befreit.« (Grün, 1999, S. 77)<br />

Kaum konservativ-dogmatisch ist Folgendes: »Wenn Ochs und Esel das göttliche Kind mit ihrem<br />

Atem wärmen, dann wird darin bildhaft ausgedrückt, daß das Naturhafte und Instinkthafte im<br />

Menschen den Geist wärmen und nähren kann, daß das Geistige in uns ohne das Vitale kalt wird<br />

und erstarrt.« »Die Tiere würden wir heute eher tiefenpsychologisch verstehen, nämlich als<br />

Symbol für die Trieb- und Instinktnatur des Menschen. […] Triebe können in Geist verwandelt

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