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BEWUßTSEINS- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG

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13.4.2 Mythos, Allwissenheit, Lüge und Wahrheit<br />

Die „Mythen“ der Machbarkeit und Allwissenheit und das Wesen von<br />

Heimlichkeiten und Irreführungen sind in modernen Organisationen ein den<br />

Alltag prägendes Thema. Sie leben in bewußten und unbewußten Varianten<br />

mit all ihren geplanten und ungeplanten Nebenwirkungen. Der Umgang mit<br />

diesen Themen ist jedoch häufig von der „rationalen Kurzsichtigkeit“<br />

geprägt, die den Alltag insgesamt häufig dominiert, so daß man zwangsläufig<br />

mit „überraschenden“ Wendungen in den Dramen des organisatorischen<br />

Alltags konfrontiert wird. Die Prozeßqualitäten, die sich in diesem<br />

Zusammenhang auftun, werden in einem Mythos aus der griechischen<br />

Götterwelt dermaßen deutlich, daß er auch heute noch selbsterklärend ist. Es<br />

handelt sich um ein Drama von Irrungen und Wirrungen, von Lüge,<br />

Allmacht, Täuschungsversuchungen, Liebe und Lust, das sich bei Ovid in<br />

der Wiedergabe eines Mythos aus der altgriechischen Götterwelt entfaltet.<br />

1422 Und um mehr.<br />

Zeus hatte seine Gattin Juno hintergangen und sie mit Io betrogen. Zu allem<br />

Überfluß widersetzte Io sich (erfolglos) dem Werben und Treiben des Zeus.<br />

Um den Blicken seiner Gattin zu entgehen, entfachte Zeus einen Nebel, der<br />

seine Tat verhüllen sollte. Dabei unterschätzte Zeus, daß der verhüllende<br />

Nebel zugleich ein Signal war, das auf ihn, den Herrscher der Elemente,<br />

verwies. Durch eine Verhüllung wird der Verhüllte und das Verhüllte<br />

indirekt sichtbar. Das Finden von etwas Verborgenem wird auf diese Weise<br />

erleichtert, die Deutung jedoch erschwert. Juno gelingt die Deutung nicht in<br />

voller Klarheit, so daß sie auf höhere Hilfe angewiesen ist. Das Ränkespiel<br />

nimmt seinen weiteren Lauf, anstatt wie von Zeus gewünscht, sein<br />

„Privatvergnügen“ zu bleiben. Zeus bemerkt die Signalwirkung des Nebels<br />

und verwandelt die der eigenen Entscheidung beraubte „Geliebte“ in eine<br />

Kuh. Juno traut ihrem Göttergatten nicht und läßt sich die Kuh zum<br />

Geschenk machen. Eingedenk ihrer Begrenztheit bewacht sie die Kuh<br />

jedoch nicht selbst, sondern engagiert als Wächter Argus, der allzeit in jede<br />

Richtung blicken kann. Er hat einen Augenkranz von hundert Augen, die in<br />

Wechselschicht schlafen und wachen, rund um das Haupt. 1423 »Argus blickt<br />

rundum in jede Richtung zugleich, weshalb er auch den Beinamen Panoptes<br />

führt: derjenige, welcher alles sieht.« – Sind moderne Überwachungssys-<br />

1422 Zu den folgenden Beschreibungen und Deutungen vgl. insgesamt Bexte 1999, S. 41 ff. Der<br />

Originaltext, auf den sich die folgenden Ausführungen beziehen, ist im ersten Buch der<br />

«Metamorphosen» von Ovid das Kapitel Io / Argus / Syrinx, die mir in der Übersetzung von<br />

Thassilo v. Scheffer vorgelegen haben. (Vgl. Ovid 1948, S. 21-26.)<br />

1423 Vgl. Bexte 1999, S. 43 ff.

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